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# taz.de -- Vorratsdatenspeicherung: Ermittlern fehlen nur Netzdaten
> Eine BKA-Studie ergibt, dass die Polizei kaum Bedarf für eine Speicherung
> von Telefondaten hat. Ihr Interesse konzentriert sich auf IP-Adressen der
> Internetnutzer.
Bild: Wer telefoniert wann mit wem? Mit der Vorratsdatenspeicherung könnte es …
FREIBURG taz | Die Vorratsdatenspeicherung hat für Daten des
Telefonverkehrs kaum praktische Bedeutung. Das ergab eine Studie des
Bundeskriminalamts (BKA), die das Innenministerium jetzt veröffentlichte.
Daten fehlen der Polizei fast nur bei IP-Adressen im Internetverkehr.
Die Studie hatte den klaren Auftrag zu "belegen, dass und in welchem Umfang
polizeifachlicher Bedarf an der Auskunft über längerfristig gespeicherte
Verkehrsdaten besteht". Dazu hat das BKA alle Anfragen ausgewertet, die es
selbst zwischen März 2010 und April 2011 an Telefon- und Internetfirmen
gestellt hat. Es ging also um die Zeit, nachdem das
Bundesverfassungsgericht die Vorratsdatenspeicherung in Deutschland
gestoppt und besseren Datenschutz angemahnt hat.
Insgesamt fragte das BKA nach Daten zu 5.082 Anschlüssen. Dabei bekam es in
16 Prozent der Fälle Auskunft. Das heißt in 16 Prozent der Fälle waren auch
ohne Speicherpflicht Daten vorhanden, zum Beispiel zu Abrechnungszwecken.
In 84 Prozent der Fälle blieb die Anfrage ohne Auskunft. So weit die
BKA-Zusammenfassung.
Interessanter sind die Details des 16-seitigen BKA-Berichts, die ein höchst
differenziertes Bild zeigen. So bezogen sich satte 90 Prozent der
BKA-Anfragen auf IP-Adressen. Die Polizei wollte hier wissen, welche
Personen sich mit einer bestimmten (nur zeitweilig vergebenen) IP-Adresse
zum Beispiel in einem Kinderporno-Forum bewegten. Nur in knapp 10 Prozent
der Fälle wollte das BKA nachträglich wissen, wer wann mit seinem Telefon
wen angerufen hat.
## Unterschiedliche Erfolgsquoten
Doch nicht nur das Interesse ist ganz ungleichgewichtig verteilt, auch die
Erfolgsquoten unterscheiden sich stark. Bei den IP-Adressen bekam das BKA
in rund 92 Prozent der Fälle keine Auskunft, weil die Daten nie gespeichert
oder schon gelöscht wurden. Dagegen waren die Anfragen zum Telefonverkehr
nur in 20 Prozent der Fälle erfolglos. Das heißt: Auch ohne
Vorratsspeicherung bekam die Polizei hier fast immer die Daten, die sie
benötigte.
Unter dem Strich ergibt sich also ein ganz eindeutiges Bild. 98 Prozent der
erfolglosen BKA-Anfragen bezogen sich auf IP-Adressen, nur 2 Prozent auf
Telefondaten. Die vorsorgliche sechsmonatige Speicherung aller Festnetz-
und Mobilfunkdaten ist so kaum zu rechtfertigen.
Bei den IP-Adressen ergab die BKA-Untersuchung allerdings auch, dass eine
ganz kurze Vorratsdatenspeicherung nicht ausreichend wäre, zum Beispiel
weil die Opfer von Straftaten diese oft erst nach Wochen bemerken. Nur in 5
Prozent der Fälle hätte es dem BKA geholfen, wenn die Internetfirmen einen
Monat lang speichern, welchem Kunden sie wann welche IP-Adresse zugeteilt
haben.
Dagegen hatte Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) als
Kompromiss im Vorjahr eine nur siebentägige Minivorratsdatenspeicherung für
IP-Adressen vorgeschlagen. Die EU-Vorgabe beträgt sechs Monate. Und eine so
lange Speicherung war nach Darstellung des BKA in 61 Prozent der Fällen
auch nötig.
Die BKA-Ermittlungen bezogen sich in 44 Prozent der Fälle auf
Betrugsdelikte, in 38 Prozent ging es um Kinderpornografie. Keine große
Rolle spielten Terrorismus (2 Prozent) und Mord (1 Prozent).
5 Feb 2012
## AUTOREN
Christian Rath
## TAGS
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