# taz.de -- Kommentar Gespeicherte Telefondaten: Jeder speichert, wie er will | |
> Die Telefonanbieter speichern die Verbindungsdaten ihrer Kunden für | |
> zwischen 7 und 210 Tage. Dabei müssen sie das gar nicht. Sind sie einfach | |
> zu faul, ihre Systeme umzustellen? | |
Bild: Hier wird an den Datenspeicherern vorbei kommuniziert. | |
Es schien, als hätte Karlsruhe vorläufig [1][Klarheit geschaffen]: Die | |
Vorratsdatenspeicherung, so wie sie der Gesetzgeber verabschiedet hatte, | |
wurde vom Bundesverfassungsgericht für nichtig erklärt. Die gespeicherten | |
Daten mussten umgehend gelöscht werden. Ob sie überhaupt verfassungsgemäß | |
implementiert werden kann, haben die Richter zwar für möglich, aber | |
schwierig erklärt – und sich somit ein großes Tor offen gelassen. | |
Doch nun stellt sich heraus: Die Telefonanbieter speichern einfach weiter – | |
und das bis zu 210 Tage, also sieben Monate. Die Bundesnetzagentur hatte | |
die großen Telefonnetzbetreiber [2][zu ihrer Speicherpraxis befragt] und | |
einen bunten Blumenstrauß an Antworten erhalten. | |
So speichert beispielsweise die Deutsche Telekom alles, was über ihre | |
Servicepartner abgerechnet wird, sechs Monate lang. Bei Vodafone werden | |
alle erfolgreich vom Kunden durchgeführten Telefonate für sieben Monate | |
gespeichert, genau wie der Standort des Gerätes. Wie kann das sein? | |
Als die Bundesregierung vor einem Jahr über die Neufassung mancher Teile | |
des Telekommunikationsgesetzes debattierte, gab es eine kurze Debatte, ob | |
sich in einer damals schon geltenden Regelung nicht eine | |
Vorratsdatenspeicherung verberge: Den Providern ist demnach erlaubt, für | |
die Abrechnung notwendige Daten zu speichern. | |
Wenn ein Kunde bestreitet, ein Telefonat geführt zu haben oder wenn | |
beispielsweise ein ausländischer Anbieter Roaminggebühren geltend machen | |
will, wird anhand der Daten überprüft – sofern diese vorhanden sind. | |
Hierfür sind Daten erst einmal notwendig und natürlich sind diese | |
„Eh-da-Daten“ auch im Zugriffsbereich der Ermittlungsbehörden, die derzeit | |
so lauthals eine Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung nach altem | |
Muster fordern. | |
## Bei Flatrates ist keine Speicherung nötig | |
Doch es gibt einen Schönheitsfehler in der Argumentation der Provider: es | |
handelt sich dabei um eine Zweckbindung. Der Zweck ist die Abrechnung | |
zwischen verschiedenen Providern und mit dem Kunden. Wenn diese pauschal | |
erfolgt – wie zum Beispiel bei Flatrates – dann gibt es keinen Zweck, für | |
den gespeichert werden dürfte. | |
Es scheint, dass die Provider derzeit vor allem schlicht zu faul sind, ihre | |
Systeme umzustellen: Die Speicherung des Ortes eines Telefonates oder einer | |
SMS ist für die Abrechnung höchstens bei Roaming relevant, für | |
Flatratekunden müssten sie Daten eigentlich umgehend wegwerfen. Dass einige | |
Provider standardmäßig auch gleich noch die Gerätenummern von | |
Mobiltelefonen, die sogenannte IMEI, mitspeichern, ist besonders | |
fragwürdig. | |
Ob es sich dabei aber um eine gesetzliche Regelungslücke oder um einen | |
Verstoß gegen das aktuell gültige Datenschutzrecht handelt? Das können | |
derzeit nur die Aufsichtsbehörden klären – indem sie die Speicherpraxis mit | |
ihren Mitteln infrage stellen. Wenn dann ein Gericht feststellen sollte, | |
dass sie diese nicht unterbinden können, wäre wieder der Gesetzgeber am | |
Zug. | |
22 Aug 2012 | |
## LINKS | |
[1] /!49116/ | |
[2] http://wiki.vorratsdatenspeicherung.de/images/BNetzA_Speicherdauer.pdf | |
## AUTOREN | |
Falk Lüke | |
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