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# taz.de -- Öl aus Teersand: Importverbot wird unwahrscheinlicher
> Die Bundesregierung will ein EU-weites Importverbot für Öl aus Teersand
> trotz mieser Ökobilanz nicht stützen. Ohne Deutschland wird es es nicht
> klappen.
Bild: Abbau von Teersand bei Fort McMurray in der westkanadischen Provinz Alber…
BRÜSSEL taz | Ein EU-weiter Importstopp von Öl aus Teersand wird immer
unwahrscheinlicher. Die schwarz-gelbe Bundesregierung wird sich aller
Voraussicht nach nicht für einen solchen Schritt in Brüssel einsetzen. Die
Koalitionsabgeordneten lehnten einen entsprechenden Antrag der Grünen im
Bundesumweltausschuss am Mittwoch ab.
"Für ein Land, das sich selbst als Vorreiter beim Klimaschutz sieht, ist
das ein Skandal", erklärte Oliver Krischer, der für die Grünen im Ausschuss
sitzt. Denn der Ölsand gilt als ein besonders großer Umweltsünder, und zwar
im doppelten Sinne: Benzin, das aus Teersand gewonnen wird, hat eine
wesentlich schlechtere Treibhausgasbilanz als der Treibstoff aus
herkömmlichem Rohöl.
Außerdem werden bei der Gewinnung große Mengen an Wasser verbraucht, und
der Sandabbau hinterlässt in den betroffenen Regionen vollständig zerstörte
Wälder, Moore und Flüsse.
Deshalb will die EU-Kommission den Import des schmutzigen Treibstoffs
verbieten. Über einen entsprechenden Vorschlag sollen die Mitgliedstaaten
am 23. Februar in Brüssel abstimmen. Allerdings befürchten Umweltschützer
nun, dass es dazu nicht kommen wird.
"Wir brauchen die aktive Unterstützung der Deutschen auf der europäischen
Ebene. Die Unentschlossenheit in Berlin ist das absolut falsche Signal",
sagt Franziska Achterberg von Greenpeace nach der Abstimmung gestern.
Andere einflussreiche Mitgliedstaaten wie Großbritannien oder Frankreich
bekommen nämlich bereits Druck von Ölunternehmen wie Total oder BP, auch in
Zukunft den Treibstoff aus Ölsand zuzulassen. "Wenn Deutschland keine
Vorreiterrolle übernimmt, dann kommt das Verbot nicht zustande", befürchtet
Achterberg.
Genauso sieht das auch der SPD-Bundestagsabgeordnete Frank Schwabe: "Im
Ergebnis führt die Abstimmung im Umweltausschuss zur Blockade guter
europäischer Klimapolitik."
Auch wenn einige Koalitionsabgeordnete in Berlin wohl nicht aus
inhaltlichen, sondern aus parteipolitischen Gründen gegen den Antrag der
Opposition gestimmt haben, hat wohl auch die Lobbyarbeit der Kanadier die
Entscheidung im Ausschuss beeinflusst.
## Kanada setzt auf Teersand
In Kanada sind die Teersandvorkommen besonders groß. Und der kanadische
Botschafter hatte erst vor wenigen Tagen einen Brief an alle Abgeordneten
geschickt, in dem er sich gegen ein Importverbot ausgesprochen hat: "Die
kanadischen Ölsande sind eine wichtige strategische Ressource, die zu
Wirtschaftswachstum und Energiesicherheit in Kanada, Nordamerika und
weltweit beiträgt", schrieb der Botschafter.
Den Vorwurf, der Treibstoff aus Ölsand habe eine schlechtere CO2-Bilanz,
wies er zurück. Diese Erkenntnis basiere nicht auf wissenschaftlichen
Fakten.
Die Europäische Kommission sieht das anders. Nach ihren Berechnungen hat
Benzin aus herkömmlichem Rohöl eine Treibhausgasbilanz von 87,5 Gramm pro
Megajoule. Bei aus Teersand gewonnenem Benzin sind es 107 Gramm. Dabei
werden Förderung, Aufbereitung, Transport und Verbrennung berücksichtigt.
Die Diskussion über ein Importverbot für Ölsande in der EU läuft bereits
seit über zwei Jahren. Bisher hat es die Industrie immer wieder geschafft,
eine klare Entscheidung zu verhindern.
8 Feb 2012
## AUTOREN
Ruth Reichstein
## TAGS
Schwerpunkt Klimawandel
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