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# taz.de -- Kraftstoffe aus Teersand: Wald statt Rohöl
> Die EU-Kommission und deutsche Parlamentarier machen Front gegen den
> schädlichen Kraftstoff. Umweltausschuss will auf Importverbot drängen
Bild: Typisches Landschaftsbild in kanadischen Abbaugebieten des Teersandöls.
BERLIN taz | Ein Importstopp des klimaschädlichen Treibstoffs aus Teersand
in die EU rückt näher. In der kommenden Woche könnte der Umweltausschuss
des Bundestages einen fraktionsübergreifenden Beschluss für ein solches
Verbot fassen. Oliver Krischer, der für die Grünen im Ausschuss sitzt,
rechnet sogar mit Zustimmung der FDP.
"Das wäre ein politisches Signal, das die Bundesregierung nicht umgehen
kann", so Krischer am Donnerstag vor Journalisten. Die EU-Kommission plant
seit 2009, die Einfuhr von Diesel und Benzin aus nordamerikanischem
Teersand zu unterbinden. Bislang verweigert die Bundesregierung eine klare
Positionierung.
Unter kanadischen Nadelwäldern schlummern auf einem Gebiet von der Fläche
Englands Teersandvorkommen. Bei der Rohölgewinnung entsteht hier vier- bis
fünfmal so viel Treibhausgas CO2 wie bei der Herstellung herkömmlicher
Kraftstoffe. Denn die zähe Masse muss in einem aufwendigen Verfahren
verflüssigt werden, um an die Erdoberfläche gepumpt werden zu können. Zudem
werden weiträumige Areale komplett abgeholzt, um an höher gelegene
Schichten zu gelangen.
Das ist doppelt fatal, weil Kanadas Halbfrostwälder ein Bollwerk gegen den
Klimawandel bilden: Sie speichern doppelt so viel CO2 wie der
brasilianische Regenwald. Zudem vergiftet der Teersandabbau regionale
Flüsse und Seen, die die Lebensader der indigenen Bevölkerung sind.
## Steigender Weltmartktanteil
Bisher beläuft sich der Weltmarktanteil von Kraftstoffen aus Teersand auf 2
Prozent, in der EU sogar nur auf 0,1 Prozent. Aber angesichts des hohen
Ölpreises lohnt sich die Gewinnung zunehmend. Europäische Unternehmen
investieren dabei verstärkt in Kanada, das im Vergleich zu anderen
Förderländern als weitaus kalkulierbarerer Partner gilt.
Klima- und Umweltschurzorganisationen wie Greenpeace und der WWF
konzentrieren ihre Bemühungen deshalb darauf, in Europa keinen Markt für
Teersandkraftstoffe dieser Herkunft entstehen zu lassen. "Die Gesetzgebung
der EU bietet dafür ein wirkungsvolles Instrument", sagt Franziska
Achterberg, Verkehrsexpertin bei Greenpeace. Eine Direktive von 2009
verpflichtet Anbieter von Kraftstoffen, die Treibhausgasintensität ihrer
Produkte bis 2020 um 6 Prozent zu reduzieren.
Anders als bei Emissionszertifikaten zählt dabei nicht nur, wie viel Öl ein
Unternehmen innerhalb der EU verbrennt, sondern auch, wie CO2-lastig der
Herstellungsprozess war. Shell müsste sich demnach auch für die
Schadstoffbilanz seiner kanadischen Zulieferer verantworten.
Allerdings ist umstritten, wie der CO2-Wert von Benzin aus Teersand
überhaupt bemessen wird. Kommission und Umweltverbände fordern einen
Richtwert, der um 23 Prozent höher liegt als der von konventionellem
Benzin. "Das würde einem Einfuhrverbot gleichkommen, weil europäische
Unternehmen die Reduktionsvorgabe dann nicht mehr erreichen könnten", so
Achterberg.
Grünen-Politiker Krischer forderte die Bundesregierung zum Handeln auf: "Es
ist schizophren, sich als Klimaweltmeister zu proklamieren und gleichzeitig
auf der Bremse zu stehen, wenn effektive Maßnahmen getroffen werden
können." Die EU-Kommission will am 23. Februar über den Richtwert für
Teersandbenzin entscheiden.
2 Feb 2012
## AUTOREN
Felix Kartte
## TAGS
Schwerpunkt Klimawandel
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