# taz.de -- Datenschützer zum Bundestrojaner: Dealer beim Sexgespräch belausc… | |
> Der Datenschutzbeauftragte Peter Schaar hat den Einsatz von Trojanern | |
> durch Bundesbehörden geprüft. Auch ein erotisches Telefonat wurde | |
> mitgeschnitten. | |
Bild: Wer hört und sieht mit? Und wobei? | |
FREIBURG taz | Peter Schaar, der Bundesbeauftragte für den Datenschutz, | |
kritisiert den Einsatz von Staatstrojanern bei Sicherheitsbehörden des | |
Bundes. Es gebe hierfür keine ausreichende Rechtsgrundlage, | |
Datenschutzvorschriften würden verletzt und der Kernbereich der | |
Persönlichkeit werde nicht ausreichend geschützt. | |
Das geht aus einem Sonderbericht des Datenschutzbeauftragten hervor, der | |
mit "VS - nur für den Dienstgebrauch" gestempelt ist. Am Freitag wurde er | |
anonym auf der linken Nachrichtenbörse [1][Indymedia.org] veröffentlicht. | |
Der Sonderbericht wurde erstellt, nachdem der Chaos Computer Club im | |
letzten Oktober einen bayerischen Staatstrojaner hackte. Dabei machte der | |
CCC bekannt, dass die bayerische Spähsoftware nicht nur Internettelefonate | |
abhörte, sondern auch Bildschirmfotos (Screenshots) übertrug, was vom | |
richterlichen Beschluss nicht gedeckt war. | |
Wenn Internettelefonate, etwa via Skype, abgehört werden, spricht man von | |
Quellen-Telekommunikations-Überwachung (Quellen-TKÜ). Da die Telefonate | |
unterwegs verschlüsselt sind, muss die Polizei an der Quelle, das heißt in | |
einem der beteiligten PCs, den Datenstrom ableiten, bevor er verschlüsselt | |
wird. | |
Wie Schaar feststellte, hat das Bundeskriminalamt in den letzten Jahren 23 | |
Quellen-TKÜs durchgeführt, davon 11 zur Gefahrenabwehr, 8 in Strafverfahren | |
(wegen Terrorismus, Drogenhandels und Betrug) und 4 in Amtshilfe für | |
Bundesländer. | |
Die Bundespolizei nutzte die Trojanersoftware einmal (gegen einen | |
mutmaßlichen Schleuser), die Zollfahndung 16-mal. Für den Verfassungsschutz | |
ist Schaar nicht zuständig. | |
## Keine Löschung möglich | |
In den Akten der Sicherheitsbehörden fand Schaar keine Hinweise darauf, | |
dass die Spionagesoftware andere Aufgaben ausführte, als Internettelefonate | |
abzuhören. | |
So waren in den Akten keine Screenshots zu finden, auch keine Hinweise auf | |
Daten, die per Onlinedurchsuchung von der Festplatte des untersuchten | |
Computers kopiert wurden. Schaar kritisierte, dass die Quellen-TKÜ auf die | |
allgemeine gesetzliche Befugnis zum Abhören von Telefonen gestützt wird. Er | |
hält eine spezielle Vorschrift für erforderlich. Außerdem sei die | |
Verschlüsselung der Datenströme unzureichend gewesen. Dies habe gegen das | |
Bundesdatenschutzgesetz verstoßen. | |
Verwundert zeigte sich Schaar darüber, dass er zumindest in einem Fall auch | |
Daten aus dem Kernbereich privater Lebensgestaltung in den Akten fand. | |
Dabei hatte ein mutmaßlicher Drogendealer jeweils mit seiner Freundin | |
telefoniert. "Kurzes erotisches Gespräch" heißt es etwa in den Akten, | |
"Liebesbeteuerungen", "danach Sexgespräche", "Ab 15.22.20 h bis 16.01.00 | |
finden offensichtlich Selbstbefriedigungshandlungen statt". | |
Auch die zugehörigen Tonspuren waren noch vorhanden. Das BKA hätte sie zwar | |
gern gelöscht, doch die digitask-Software ließ keine punktuelle Löschung | |
zu. Schaar sieht darin ein strukturelles Problem. | |
17 Feb 2012 | |
## LINKS | |
[1] http://linksunten.indymedia.org/de/node/54960 | |
## AUTOREN | |
Christian Rath | |
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