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# taz.de -- Wolfgang Schäuble zur Eurokrise: Deutscher Kassenwart tritt nach
> Kurz vor der Entscheidung über ein neues Hilfspaket stellt
> Bundesfinanzminister Schäuble den guten Willen Griechenlands infrage. Und
> löst damit Empörung in Athen aus.
Bild: Sorgt wieder für Empörung: Wolfgang Schäuble.
BRÜSSEL taz | Wolfgang Schäuble kann es nicht lassen. Kurz vor einem
entscheidenden Treffen der Eurogruppe am heutigen Montag in Brüssel hackt
der Bundesfinanzminister schon wieder auf Griechenland herum. "Zur Hilfe
gehört immer jemand, der sich helfen lasen will", sagte der CDU-Politiker
dem Berliner Tagesspiegel. Die Bundesregierung sei bereit, den Griechen mit
Finanzbeamten beim Aufbau einer effizienteren Steuerverwaltung zu helfen.
"Das Angebot wird bis heute nicht genutzt", sagte Schäuble.
Die Eurofinanzminister wollen heute einen Grundsatzbeschluss für einen
zweiten Rettungsplan für Griechenland fassen. Er soll mindestens 130
Milliarden Euro umfassen und von einem Schuldenschnitt von rund 100
Milliarden Euro begleitet werden. Der Schuldenschnitt soll vom 8. bis 11.
März über die Bühne gehen. Allerdings ist immer noch unklar, ob sich genug
Banken an der "freiwilligen" Aktion beteiligen. Offen ist auch, ob das
geplante neue Rettungspaket ausreicht, um eine Pleite in Athen zu
verhindern.
Schäuble glaubt daran offenbar nicht mehr. Nach einem Bericht der
Süddeutschen Zeitung spielt er sogar mit dem Gedanken, Griechenland ganz
offiziell pleitegehen zu lassen. Rückendeckung erhält er dabei von den
euroskeptischen Regierungen in Finnland und den Niederlanden. Demgegenüber
hat sich Frankreich offen gegen Schäuble gestellt. Es sei "völlig
unverantwortlich, mit einem Zahlungsausfall zu spielen", sagte
Premierminister Francois Fillon. Darin sei er sich mit Angela Merkel einig.
In Brüssel hat man bereits seit einiger Zeit den Eindruck, dass Merkel und
Schäuble in der Griechenland-Krise nicht an einem Strang ziehen. Die
jüngsten Äußerungen des Finanzministers hatten diesen Eindruck noch
verstärkt. Erst am Mittwoch war Schäuble mit der Forderung angeeckt, die
für April geplanten Wahlen in Griechenland zu verschieben. Staatspräsident
Karolo Papoulias protestierte: "Wer ist Herr Schäuble, dass er Griechenland
verhöhnt"?
Doch Schäuble tut so, als ginge ihn das nichts an: "Ich kenne keinen Herrn
Schäuble, auf den dies zutreffen würde", sagte er im Tagesspiegel. Es sei
doch nichts "Despektierliches, wenn man darauf hinweist, dass Italien auf
seinem Weg im Augenblick gut vorankommt." In Italien sind in diesem Jahr
keine Wahlen geplant - indirekt wiederholt Schäuble also seine umstrittene
Idee, den Urnengang in Athen abzublasen, damit die Sparauflagen ungestört
von demokratischen Willensbekundungen umgesetzt werden können.
Auch sonst bleibt der deutsche Kassenwart hart. So hält er an der Forderung
nach einem Sperrkonto für den Schuldendienst fest. Nach unbestätigten
Berichten hat die Regierung in Athen bereits eingewilligt. Damit gibt sie
faktisch einen Teil ihrer Haushaltssouveränität ab. Zudem sind noch weitere
Kontrollmaßnahmen geplant. Insgesamt liefen die Pläne darauf hinaus,
Griechenland künftig zu einer "Kolonie der Eurozone" zu machen, schrieb der
Brüsseler Fachdienst "Eurointelligence". Gegen die neuen Sparbeschlüsse gab
es am Wochenende erneut Proteste.
19 Feb 2012
## AUTOREN
Eric Bonse
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