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# taz.de -- Arbeitsrecht in Griechenland: Maulkorb für Gewerkschaften
> Griechenland verbietet freie Tarifverhandlungen und verstößt damit gegen
> die europäische Grundrechte-Charta. Die Troika macht Druck und will Löhne
> senken.
Bild: Sollen nicht mehr mitreden: Mitglieder der Gewerkschaft PAME in Athen.
BERLIN taz | Der europäische Druck zu weiteren Sanierungsschritten in
Griechenland wird immer größer. Dabei werden nicht einmal die
unveräußerlichen Sicherheiten der EU-Grundrechtecharta geschont. So hat das
griechische Parlament vor Kurzem die freien Tarifverhandlungen zwischen
Gewerkschaften und Arbeitgebern vorläufig verboten - eine Maßnahme, die in
Deutschland kaum vorstellbar ist.
Neue Tarifverträge, die höhere Löhne beinhalten könnten, sind nach den
Beschlüssen von Regierung und Parlament in Griechenland bis auf Weiteres
nicht mehr möglich. Dieses Verbot gilt allerdings nur für kollektive
Lohnvereinbarungen. Individuelle Verträge zwischen einzelnen Arbeitnehmern
und Firmen sind weiter gestattet.
Die Maßnahme soll dazu dienen, das Lohnniveau in der griechischen
Wirtschaft insgesamt zu senken. Unter anderem die Bundesregierung drängt
darauf, die Löhne zu kürzen, um die griechischen Unternehmen
"wettbewerbsfähiger" zu machen. Soll heißen: Wenn die Betriebe geringere
Lohnkosten haben, können sie ihre Produkte leichter auf dem Weltmarkt
verkaufen. Dadurch nähme der griechische Staat mehr Geld ein und bräuchte
weniger Kredite.
Die Troika aus EU-Kommission, Europäischer Zentralbank und Internationalem
Währungsfonds will die Löhne so lange einfrieren, bis die Arbeitslosigkeit
auf 10 Prozent zurückgegangen ist.
Auf deutsche Verhältnisse übertragen würde dies bedeuten, dass der
Bundestag ein Gesetz verabschiedete, mit dem er beispielsweise der IG
Metall und dem Branchenverband Gesamtmetall verböte, die nächste Tarifrunde
zu eröffnen. Freie Lohnverhandlungen gehören zum Grundbestand der
Demokratie. Deswegen ist der Deutsche Gewerkschaftsbund äußert skeptisch,
was die griechische Sanierungsstrategie betrifft.
So sagt Thorsten Schulten von der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung:
"Dass der durch einen nationalen Tarifvertrag festgelegte Mindestlohn in
Griechenland gekürzt wird und außerdem die Tariflöhne nicht mehr frei
verhandelt werden können, sind eindeutige Eingriffe in die Tarifautonomie.
In Bezug auf die EU-Charta der Grundrechte kann man dies als Rechtsbruch
qualifizieren." Artikel 28 der Grundrechtecharta enthält das Recht auf
freie Tarifverhandlungen - sie sind somit ein Rechtsgut, das niemals
beschnitten werden darf.
20 Feb 2012
## AUTOREN
Hannes Koch
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