# taz.de -- Kommentar Griechenland-Rettung: Wir retten die Falschen | |
> Die Milliardenhilfen für Athen sind beschlossen. Für die Griechen wird | |
> damit alles noch schlimmer. Profitieren werden hingegen Banken, | |
> Versicherungen und Hedgefonds in Europa. | |
Bild: Prescht mit klaren Worten voran: Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich… | |
Der neue "Rettungsplan" für Griechenland steht. Gerade noch rechtzeitig vor | |
der drohenden Staatspleite im März haben sich die Euro-Finanzminister auf | |
neue Milliardenhilfen geeinigt. Doch wem wird da eigentlich geholfen? | |
Den Griechen bestimmt nicht. Sie müssen künftig mit niedrigeren Löhnen, | |
weniger Kündigungsschutz, schlechterer Gesundheitsversorgung und einem | |
massiven Ausverkauf ihres Staates leben. So hat es die internationale | |
Troika gefordert, und Bundesfinanzminister Schäuble und seine europäischen | |
Amtskollegen haben es den Griechen mit vielen, oft verletzenden | |
Drohgebärden aufoktroyiert. | |
Das war ein rücksichtsloses Diktat, kein großzügiges Hilfsangebot. Gewiss, | |
nun soll Athen eine neue gewaltige Finanzspritze von 130 Mrd. Euro | |
erhalten. Doch der größte Teil dieser Kredite, die mit Zins und Zinseszins | |
zurückgezahlt werden müssen, geht nicht etwa in das Not leidende | |
Staatsbudget, sondern in den Schuldendienst. Und der wird noch dazu über | |
ein Sperrkonto dem Zugriff der Regierung entzogen. In Wahrheit haben | |
Schäuble & Co. den Gläubigern geholfen, nicht den Menschen in Griechenland. | |
Profitieren werden Banken, Versicherungen und Hedgefonds in Deutschland, | |
Frankreich und Großbritannien. Bei einer Pleite hätten sie alles verloren, | |
nun müssen sie nur auf etwas mehr als die Hälfte ihrer Forderungen | |
verzichten - der Marktwert der griechischen Anleihen wäre noch niedriger | |
gewesen. | |
Die privaten Gläubiger, die laut Schäuble mithaften sollen, werden in | |
Wahrheit massiv begünstigt. Zudem können sie sicher sein, dass das Geld aus | |
Griechenland beständig weiter fließt - egal, wie die im April geplanten | |
Wahlen in Athen ausgehen. | |
## Griechenland bleibt ein hoffnungsloser Fall | |
Das ist ein schönes Geschäft für die Gläubiger, und ein ganz schlechtes für | |
Europa. Ein Land wurde um den Preis der Selbstbestimmung und der Demokratie | |
vor einer Pleite bewahrt, die nach Ansicht der meisten Experten früher oder | |
später ohnehin kommt. | |
Denn das ist die zweite bittere Lektion dieser heillosen "Rettung". Zu | |
einem nachhaltigen Abbau der Schulden trägt sie nicht bei, wie aus einem | |
streng vertraulichen Memorandum der Troika hervorgeht. Im schlimmsten Fall | |
wird der Schuldenstand 2020 genauso hoch sein wie heute - Griechenland | |
bleibt also ein hoffnungsloser Fall. | |
Jetzt rächt sich die deutsche Strategie, "Schuldensünder" zu bestrafen, | |
statt ihnen schnell und beherzt zu helfen. Von Anfang an legte die | |
schwarzgelbe Bundesregierung den Akzent einseitig auf Sparen und Schrumpfen | |
- dabei braucht Griechenland dringend Investitionen und Wachstum. | |
Zwar enthält das neue "Anpassungsprogramm" nun auch Strukturreformen, die | |
die Wettbewerbsfähigkeit erhöhen sollen. Doch bis sie wirken, werden | |
mindestens zwei Jahre vergehen. Die Gefahr, dass Griechenland zwischendurch | |
in politischem und sozialen Chaos versinkt, ist größer denn je. | |
21 Feb 2012 | |
## AUTOREN | |
Eric Bonse | |
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