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# taz.de -- Euro-Finanzminister machen Druck: Drachmen am Horizont
> Die Eurozone will weitere Garantien aus Athen, sonst könnte es neue
> Finanzhilfen erst nach den Wahlen im April geben – zu spät. Der
> griechische Finanzminister ist entsetzt.
Bild: Not amused: Griechenlands Finanzminister Evangelos Venizelos.
BRÜSSEL taz | Eine Pleite Griechenlands ist nicht mehr tabu. Bei einer
kurzfristig anberaumten Telefonkonferenz wollten die Finanzminister der
Eurozone am Mittwoch über ein mögliches Scheitern ihrer Rettungspläne
sprechen. Auch eine Vertagung der Milliardenhilfen auf die Zeit nach den
griechischen Wahlen im April sei denkbar, hieß es in Brüssel.
Zuvor hatte Eurogruppenchef Jean-Claude Juncker ein Krisentreffen der
Finanzminister überraschend abgesagt. Entscheidungen wurden auf die nächste
reguläre Sitzung am kommenden Montag vertagt. Juncker gab der griechischen
Regierung die Schuld für die Absage.
Die Sparpläne seien noch nicht vollständig, außerdem hätten sie noch nicht
alle Parteien unterschrieben. Finanzminister Evangelos Venizelos schoss
zurück: "Manche wollen uns aus der Eurozone drängen", sagte er. Dies sei
jedoch ein gefährliches "Spiel mit dem Feuer". Das Land stehe "auf Messers
Schneide."
Ursprünglich sollte am Mittwoch die Vorentscheidung für das neue,
mindestens 135 Milliarden Euro schwere Hilfspaket fallen. Die Regierung in
Athen braucht dringend frisches Geld, um am 20. März fällige Schulden zu
bedienen. Ohne europäische Hilfe ist Griechenland sonst pleite. Allerdings
haben die Finanzminister ihre Unterstützung an zahlreiche harte Bedingungen
gebunden - am Mittwoch legten sie noch einmal nach.
## Schäuble ist nicht überzeugt
Bisher hieß es, die Chefs der großen Parteien müssten sich schriftlich zur
Umsetzung des neuen Sparpakets verpflichten. Die Sozialisten hatten dies
bereits am Dienstag Abend getan. Der Chef der griechischen Konservativen,
Antonis Samaras, zog nach. Samaras schrieb, sollte seine Partei die
kommenden Wahlen gewinnen, werde er den Grundsätzen, Zielen und der Politik
wie im zweiten Rettungspaket umschrieben verpflichtet bleiben.
Doch das reicht den Euro-Chefs immer noch nicht. Bundesfinanzminister
Wolfgang Schäuble (CDU) kritisierte, die Zusagen hätten ihn nicht
überzeugt. Vor allem die Nea Dimokratia verspreche bisher nicht klar genug,
auch im Fall eines Wahlsiegs im April die Sparbeschlüsse unangetastet zu
lassen, sagte er. Indirekt stellte Schäuble die Wahlen in Frage - sie
gefährdeten die Umsetzung des von der internationalen Troika geforderten
Reformkurses.
Widerstand gegen eine Einigung kommt auch aus den Niederlanden und aus
Finnland. Die Regierung in Den Haag stellte klar, dass eine Aufstockung des
Rettungsplans nicht in Frage komme. Nach Angaben der EU-Kommission reicht
das Geld jedoch nicht aus; statt der vorgesehenen 130 sind mindestens 145
Milliarden Euro nötig. Finnland verlangte zusätzliche Garantien.
## Skeptische Griechen
In Brüssel wird der Kurs Deutschlands, Finnlands und der Niederlande
zunehmend kritisch beobachtet. Es sind die letzten drei größeren
Euroländer, die noch über das Spitzenrating "AAA" verfügen. Die neue
Dreiergruppe stimmt ihren Kurs in der Schuldenkrise eng ab. Zuletzt hatten
sich die Finanzminister in Berlin getroffen. Nun fordern sie offenbar
gemeinsam, Hilfszusagen an Athen auf die Zeit nach den Wahlen zu
verschieben.
Venizelos dürfte denn auch diese "Elite-"Gruppe gemeint haben, als er vor
einem Rausschmiss aus der Eurozone warnte. Probleme gibt es allerdings auch
bei der geplanten Umschuldung Griechenlands. Die mehrfach gemeldete
Einigung mit den Banken steht weiter aus. Außerdem stellt sich die
Europäische Zentralbank quer: Sie dürfe nicht auf Forderungen gegenüber
Athen verzichten, sagte Bundesbankpräsident Jens Weidmann.
Einziger "Lichtblick": Die Eurozone ist für eine mögliche Pleite gerüstet.
"Wenn die Hilfe scheitern sollte, wäre Europa besser vorbereitet als vor
zwei Jahren", sagte Finanzminister Schäuble. "Aber wir wollen alles tun, um
Griechenland zu helfen, die Krise zu meistern", fügte er hinzu. In Athen
glaubt ihm das allerdings kaum noch jemand.
15 Feb 2012
## AUTOREN
Eric Bonse
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