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# taz.de -- Kommentar Flüchtlingspolitik: Frontex' Auftrag ist das Problem
> Die Menschenrechte werden in Europa nicht in Frage gestellt. Doch
> Flüchtlinge, die Ansprüche stellen könnten, werden kurzerhand
> ferngehalten.
Bild: Kein schönes Frontex-Empfangskomitee für die über 45.000 Flüchtlinge,…
Vom Offshore-Prinzip leben ganze Staaten: Steueroasen etwa, die das Kapital
von allen lästigen Verpflichtungen befreien, ohne dass dafür allzu offen
gegen geltendes Recht verstoßen werden müsste.
Ganz ähnlich verfährt Europa im Bereich der Menschenrechte: Die Buchstaben
der völkerrechtlichen Konventionen tastet es nicht an - doch jene, die als
Flüchtlinge daraus lästige Ansprüche stellen könnten, werden kurzerhand aus
dem Bereich der eigenen Jurisdiktion ferngehalten.
Genau diese Praxis hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte am
Mittwoch verurteilt: Auch auf Hoher See gilt das internationale
Füchtlingsrecht, sofern ein Unterzeichnerstaat ins Spiel kommt. Asylanträge
müssen geprüft werden, der Rechtsweg muss Flüchtlingen offen stehen, so die
Richter.
Sie griffen damit eine zentrale Strategie des europäischen Grenzregimes an.
Denn das sofortige Zurückschieben von "Papierlosen" ist keine Form der
Notwehr, wie Italien es glauben machen will; keine Folge vermeintlich
übermäßiger Belastungen durch die Ankunft "Papierloser". Es ist vielmehr
Teil der Umsetzung einer wohldurchdachten Strategie: Flüchtlingen den
Zugang zu Europa zu verschließen und die unverändert gültige Genfer
Konvention so gar nicht erst zum Tragen kommen zu lassen.
Die EU hat dafür die Grenzschutzagentur Frontex aufgebaut, die längst eine
eigene Außenpolitik betreibt. An Europas Außengrenzen werden Ankömmlinge
aktiv gehindert, ihr Recht auf ein Asylverfahren geltend zu machen; teils
durch Zurückschieben, teils durch sogenanntes Migrationsmanagement.
Das funktioniert nur dank einer - mal erkauften, mal erzwungenen -
Zusammenarbeit: So, wie Berlusconi es einst mit Gaddafi vorgemacht hat,
gemeindet Frontex heute EU-Anrainer im Osten und Süden als
Hilfsgrenzschützer ein. Das ist sein Auftrag - und der ist das Problem.
Diese Lehre muss Europa aus dem Straßburger Urteil ziehen.
23 Feb 2012
## AUTOREN
Christian Jakob
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