| # taz.de -- Metallprothesen unter Giftverdacht: Nach den Brüsten jetzt die Hü… | |
| > Neuer Skandal um gesundheitsschädigende Medizinprodukte: Forscher fordern | |
| > generelles Verbot von Hüftprothesen aus Metall. Der Abrieb sei zu giftig, | |
| > sagen sie. | |
| Bild: So sieht das aus: ein menschliches Hüftgelenk. | |
| BERLIN taz | Wenige Wochen nach dem Eklat wegen defekter Brustimplantate | |
| kündigt sich in Europa ein weiterer Skandal um gefährliche Medizinprodukte | |
| an, dessen Ausmaß die Gesundheitsschäden durch Silikonkissen in den | |
| Schatten stellen dürfte: Wissenschaftler des britischen Fachjournals Lancet | |
| forderten am Montag, Hüftprothesen aus Metall wegen ihres potenziell | |
| giftigen Abriebs generell zu verbieten. | |
| Ein weiterer Grund sei, dass Patienten mit Metallhüften weitaus häufiger | |
| nachoperiert werden müssten als etwa Träger von Keramikhüften. Die | |
| zuständigen EU-Aufsichtsbehörden wollten noch am Nachmittag erste | |
| Konsequenzen während einer Telefonkonferenz zur Risikobewertung erörtern, | |
| sagte ein Sprecher des zuständigen Bundesinstituts für Arzneimittel und | |
| Medizinprodukte (BfArM). | |
| Das Forscherteam um den Orthopädie-Professor Ashley Blom von der | |
| Universität Bristol, auf die die Lancet-Autoren ihre Forderungen stützen, | |
| hatte 400.000 Hüftoperationen aus einer Datenbank für England und Wales | |
| analysiert, bei denen in den Jahren 2003 bis 2011 Implantate eingesetzt | |
| wurden. Mehr als 31.000 davon waren Metall-auf-Metall-Prothesen, die | |
| anderen aus Keramik oder Polyethylen. | |
| Das Ergebnis: Wenn ein Gelenkkopf aus Metall auf eine Gelenkpfanne aus | |
| Metall stößt, entsteht giftiger Abrieb, der in den Körper gelangen und dort | |
| Entzündungen hervorrufen kann. Und: Je größer die Gelenkflächen der | |
| Metall-auf-Metall-Implantate waren, desto größer war die Gefahr, dass sie | |
| eines Tages ausgetauscht werden mussten. „Alle Patienten, die solche | |
| Implantate haben, sollten gut überwacht werden“, schreiben die Forscher. | |
| ## Erhöhtes Krebsrisiko möglich | |
| Bereits Ende Februar hatten die Fachzeitschrift British Medical Journal und | |
| die britische Arzneimittelbehörde MHRA vor Gewebeschädigungen durch | |
| Metall-auf-Metall-Gelenke gewarnt. Möglich seien ferner ein erhöhtes | |
| Krebsrisiko und Schäden an Leber, Niere und Milz. | |
| Das BfArM, das als Aufsichtsbehörde für Medizinprodukte dem | |
| Bundesgesundheitsministerium unterstellt ist, erklärte, betroffene | |
| Patienten hätten selbstverständlich Anspruch auf medizinische Nachsorge – | |
| etwa bildgebende Diagnostik, um Brüche zu erkennen, oder regelmäßige | |
| Blutuntersuchungen, um den Metallabrieb festzustellen. Die medizinischen | |
| Fachgesellschaften seien hierüber informiert worden. Eine generelle | |
| Empfehlung zum Ausbau der Metallhüften schloss das BfArM derzeit jedoch | |
| aus. | |
| Metallhüften galten bislang als robuster als etwa Keramikimplantate und | |
| wurden daher vor allem Patienten empfohlen, die viel Sport treiben. Wie | |
| viele Menschen in Deutschland betroffen sind, könne nicht gesagt werden, so | |
| das BfArM – ein entsprechendes Implantateregister existiert nicht. Der | |
| EU-Gesundheitskommissar John Dalli hat seine EU-weite, verpflichtende | |
| Einführung nach dem Brustimplantate-Skandal gefordert. | |
| Die Forscher bestehen in Lancet auch darauf, dass Medizinprodukte, die | |
| dauerhaft im Körper verbleiben, künftig deutlich länger und besser geprüft | |
| werden, bevor sie auf den Markt kommen. Auch der Informationsdienst | |
| Arznei-Telegramm aus Berlin und das Institut für Qualität und | |
| Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) sprechen sich für eine | |
| strengere Regulierung aus. | |
| Bislang muss bei Medizinprodukten, anders als bei Arzneimitteln, nur die | |
| technische Sicherheit nachgewiesen werden, nicht aber der klinische Nutzen | |
| für die Patienten. Für Hüftprothesen etwa musste gezeigt werden, dass sie | |
| nicht rosten. Was ihr Abrieb im menschlichen Körper anrichten kann, | |
| interessierte nicht. | |
| 13 Mar 2012 | |
| ## AUTOREN | |
| Heike Haarhoff | |
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