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# taz.de -- Debatte um die Netzneutralität: Wer schraubt am Internet?
> Die europäischen Netzaufsichtsbehörden wollten wissen, wer wann in die
> Transportleitungen des Internets eingreift. Die Antworten, die sie
> bekamen, haben es in sich.
Bild: Um die sogenannte Netzneutralität gibt es seit Jahren einen intensiven p…
Eine von der Europäischen Netzregulierungsbehörde Berec durchgeführte
Studie zur Netzneutralität zeigt zahlreiche Eingriffe in die
Transportleitungen des Internets. Die Reichweite der Eingriffe überrascht.
Seit Jahren wird darüber diskutiert unter welchen Umständen die
Leitungsanbieter in den Internetverkehr eingreifen dürfen. Der
Zusammenschluss der europäischen Netzaufsichtsbehörden Berec wollte dies
nun genau wissen – und hat Internetanbieter und Verbraucherorganisationen
um ihre Stellungnahmen gebeten.
Mehr als 400 Antworten gingen bei der Aufsichtsbehörde ein. Und die
Ergebnisse haben es laut der Regulierer in sich: eine nennenswerte Zahl der
Antworten auf die Fragen der Berec zeigten, dass viele Internetprovider
aktiv in den Verkehr eingreifen und dies dabei auf höchst unterschiedliche
Weise tun.
Insbesondere der Peer-to-Peer-Verkehr, wie er bei Tauschbörsen aber auch
vielen anderen Anwendungen üblich ist, wird laut Berec von
Internetanbietern gedrosselt. Aber wenig überraschend greifen die Provider
offenbar auch häufig in den Verkehr ein, um Internettelefoniedienste (Voice
over IP) herauszufiltern – insbesondere bei mobilen Internetzugängen sei
dies üblich und oft auch bereits in den Vertragsbedingungen genannt. Aber
auch über diese beiden Eingriffsarten hinaus gibt es laut Berec weitere
Eingriffe. Manche Provider würden datenartenabhängig und manche
anwendungsabhängig in den Verkehr eingreifen.
Um die sogenannte Netzneutralität gibt es seit Jahren einen intensiven
politischen Streit. Grundsätzlich ist das Internet ein Leitungsverbund, der
nach bestimmten technischen Prinzipien Datenpakete von A nach B
transportiert. Nur gibt es in den vergangenen Jahren vermehrte Wünsche,
hier Extratarife für bestimmte Datentransportqualitäten einzuführen – und
damit im Effekt andere Daten schlechter zu behandeln.
## Vodafon will kein Instant Messaging
In welchem Maße Eingriffe in die Neutralität des Transports erlaubt sein
sollen und wie solche gegebenenfalls geahndet werden können, darüber sind
sich die politischen Akteure weder auf Europa- noch auf Bundesebene einig.
Bei der Internettelefonie ist der Hintergrund der Eingriffe jedoch
offensichtlich. Derzeit verdienen die Netzanbieter mit dem Internetverkehr
zwar Geld – aber wesentlich weniger, als dies bei Sprachtelefonie und SMS
der Fall ist. Beispiele hierfür sind die Deutsche Telekom, aber auch
Vodafone behält sich in seinen Vertragsbedingungen Eingriffe vor.
Vodafone hat in seinen Geschäftsbedingungen für mobile Datentarife gar jede
Art von Instant Messaging untersagt – also jede Möglichkeit, direkte
Nachrichten an andere Internetnutzer zu versenden. Das kann zwar in dieser
Form nicht durchgesetzt werden. Aber allein die Idee zeigt schon, was
manchem Anbieter vorschwebt: zugunsten des alten Geschäftsmodells die
Funktionsweise des Netzes soweit einzuschränken, wie es nur geht.
Auch die meisten Anbieter von Festnetzinternetanschlüssen bieten an, dass
die Verbraucher bei ihnen einen Teil des Anschlusses für Telefon- oder
Fernsehdienste nutzen können und dafür extra bezahlen und weniger
Bandbreite für den Internetverkehr übrig haben – im Gegenzug dafür wird
dann eine gewisse Qualität garantiert. Denn längst läuft ein großer Teil
der Anschlüsse nicht mehr über das klassische Telefonnetz – sondern auch
über Leitungen, die eigentlich zum Internet gehören.
Die nun vom europäischen Netzregulierer Berec durchgeführte Studie könnte
nun für die Internetanbieter Folgen haben. Die zuständige EU-Kommissarin
Neelie Kroes hatte lange Zeit darauf verwiesen, dass es bislang keine
größeren Anzeichen für Eingriffe geben würde. Sollte es jedoch solche
geben, wäre sie gewillt, zu handeln. Ähnlich äußerten sich auch andere
Politiker verschiedenster Couleur. Man darf also gespannt sein, was die
Politik mit der Berec-Studie anfängt.
18 Mar 2012
## AUTOREN
Falk Lüke
## TAGS
Schwerpunkt Überwachung
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