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# taz.de -- Neuwahl in Nordrhein-Westfalen: Alle wollen Piratenchef sein
> Die Aussicht auf den Einzug ins Düsseldorfer Parlament weckt große
> Begehrlichkeiten bei den Piraten. Die Bewerber für die Landesliste werden
> stündlich mehr.
Bild: Gedrängel bei den Piraten.
KÖLN taz | Mit hektischer Betriebsamkeit bereitet sich die Piratenpartei
auf die Landtagswahl am 13. Mai in Nordrhein-Westfalen vor. Das Gerangel um
einen der vorderen Plätze auf der Landesliste, die auf einem
außerordentlichen Landesparteitag nächste Woche in Münster aufgestellt
werden soll, ist in vollem Gang.
Und die Aussicht auf den Einzug ins Düsseldorfer Parlament weckt große
Begehrlichkeiten: Insgesamt bewarben sich bis zum Nachmittag bereits mehr
als 50 KandidatInnen – ein bunter Haufen, der sich um die als
aussichtsreich betrachteten ersten 20 Plätze balgt. Beinahe stündlich
kommen neue hinzu.
Der Kreis reicht vom „klassischen“ Nerd über Renegaten von SPD, Grünen, F…
und Linkspartei bis hin zu evangelikalen Christen wie etwa dem 50-jährigen
Diplominformatiker Rainer Klute. Ende 2010 hatte der frühere
Landespressesprecher der NRW-Piraten, der die Evolutionstheorie ablehnt,
bereits an Austritt gedacht, weil der Bundesparteitag die Gleichstellung
der Ehe mit „irgendwelchen Lebensgemeinschaften“ beschlossen hatte. Jetzt
will er seinen Hut ab Platz 2 in den Ring werfen.
Als Spitzenkandidat antreten will der Landesvorsitzende Michele Marsching,
der sich derzeit in Elternzeit befindet. Auch wenn seine Aussichten nicht
schlecht stehen dürften, muss sich der Softwareentwickler einiger
Konkurrenz erwehren: Bis zum Nachmittag erklärten bereits acht weitere
Männer ihren Anspruch auf Platz 1 der Liste.
## Zwischen „Menschenverachtung“ und „Zwangsbeglückung“
Als aussichtsreichster Herausforderer gilt der 53-jährige Pfarrer Hans
Immanuel Herbers. Der passionierte Online-Rollenspieler blickt auf eine
bewegte politische Vergangenheit zurück: Einst Sympathisant der KPD/AO,
zählte Herbers zu den Gründern der Grünen und gehörte auch eine Zeit lang
deren Landesvorstand in NRW an. 2009 trat der Ökolibertäre den Piraten bei,
die ihn bei der Landtagswahl 2010 auf den Listenplatz 2 wählten. Sein
Credo: „Schwarz-gelbe soziale Menschenverachtung lehne ich genauso ab wie
rot-grüne Zwangsbeglückung.“
Bereits Gedanken über mögliche Koalitionsverhandlungen macht sich der
freiberufliche Informatiker Jan Dörrenhaus, der sich ebenfalls um den
Listenplatz 1 bemüht. „Man kann leider im politischen Geschäft nicht alles
auf einmal haben“, meint der 29-jährige Dortmunder. „Um es also auf den
Punkt zu bringen: Für eine gesetzliche Festlegung der Netzneutralität oder
für eine grundlegende, positive Urheberrechtsreform akzeptiere ich soziale
Einschnitte.“
Erst auf dem Landesparteitag wird die Bewerberliste geschlossen. „Wir
lassen auch Spontankandidaturen zu“, sagt Landeschef Marsching. Vielleicht
finden sich dann auch noch mehr Frauen – bisher haben sich nur sechs
beworben. Die prominenteste nordrhein-westfälische Piratin ist nicht
darunter: Marina Weisband will zwar kräftig im Wahlkampf mitmischen. Aber
die Bundesgeschäftsführerin bleibt wohl bei ihrer Ankündigung, sich ein
Jahr lang von allen Posten und Mandaten fernzuhalten, um ihr
Psychologiestudium zu beenden.
16 Mar 2012
## AUTOREN
Pascal Beucker
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