| # taz.de -- Koalitionskrach um „Herdprämie“: Wenn zwei sich streiten | |
| > Doch keine 100 Euro Betreuungsgeld? Der ständige Koalitionskrach könnte | |
| > auch mal was Positives bewirken: die überfällige Beerdigung der | |
| > verkorksten Herdprämie. | |
| Bild: Streitfrage: Von wem kleine Kinder besser betreut werden: von Mami oder v… | |
| Wenn jetzt schon die Bild von „Unfug-Gesetz“ redet, dann ist das kein gutes | |
| Zeichen. Nicht für die Koalition, nicht für die Kanzlerin – und schon gar | |
| nicht für das Betreuungsgeld. Jedenfalls schlägt sich das Zentralorgan für | |
| alle Konservatismen jetzt auf die Seite derer, die die „Herdprämie“ für | |
| eine der unmodernsten und dümmsten Ideen der schwarz-gelben Regierung | |
| halten und sie deswegen weghaben wollen. | |
| Ab kommendem Jahr also doch keine 100 beziehungsweise 150 Euro für Mütter | |
| und Väter, die ihre Kleinkinder lieber zu Hause beglucken und betutteln, | |
| anstatt sie mit Gleichaltrigen in der Kita buddeln zu lassen? Nun hat Bild | |
| schon vieles und viele zu Fall gebracht. Die Beerdigung der Herdprämie | |
| könnte die Koalition aber schon selbst besorgen. | |
| Nach dem jüngsten Regierungszoff um Fiskalpakt, Datenschutz, Sorgerecht | |
| unverheirateter Eltern und Sicherungsverwahrung wird sich einfach munter | |
| weiter gestritten. Jetzt halt über die Frage, von wem kleine Kinder besser | |
| betreut werden: von Mami oder von einer pädagogischen Fachkraft. Was sonst | |
| so schlecht für die Regierung ist, könnte ausnahmsweise mal von Vorteil | |
| sein. Die politischen Dissonanzen könnten diese widersinnige Art der | |
| „Familienförderung“ vom Tisch fegen. | |
| Nun ist es nicht so, dass sich Unionsfreunde und Liberale in der Sache | |
| überhaupt schon mal einig waren. Zur Erinnerung: Die FDP wollte das | |
| Betreuungsgeld nie, es widerspricht ihrem liberalen und unternehmerischen | |
| Anspruch. Die CSU bestand aber darauf und ließ es im Koalitionsvertrag | |
| festschreiben. Damit will die Bayern-Partei vor allem bei der | |
| konservativ-katholischen Klientel auf dem Land punkten. Aber dann | |
| entbrannte ein Streit darüber, wie die Herdprämie auszuzahlen sei: Die CSU | |
| bestand auf Bargeld, die FDP auf Gutscheinen. Jetzt wird ein Mischmasch aus | |
| alldem debattiert. | |
| ## Absurder Kompromiss | |
| Und CDU-Familienministerin Kristina Schröder? Die hielt sich – wie so | |
| häufig – mit einer klaren Aussage elegant zurück. Statt die Chance zu | |
| ergreifen und sich als junge Ministerin mit einem Nein zum Betreuungsgeld | |
| zu profilieren und damit Familien und berufstätige Frauen und Männer für | |
| sich zu gewinnen, suchte sie nach einem Kompromiss für den | |
| Koalitionsfrieden. Ihre Idee jedoch, jetzt auch Mütter mit der Herdprämie | |
| zu „belohnen“, die wenige Stunden arbeiten gehen, ist absurder denn je. | |
| Wie auch immer der Streit der Ideologien ausgehen wird: Für das | |
| Betreuungsgeld sieht es nicht gut aus – schlicht wegen fiskalischer Zwänge. | |
| Die staatliche Leistung steht nämlich unter Finanzierungsvorbehalt. Im | |
| kommenden Jahr müssten für die Herdprämie 400 Millionen Euro ausgegeben | |
| werden, 2014 würden es rund 1,2 Milliarden Euro sein. Wird Finanzminister | |
| Wolfgang Schäuble (CDU) die lockermachen? | |
| Fraglich. Jetzt müssen nämlich erst mal Kita-Plätze geschaffen werden. Ab | |
| Januar hat jedes unter dreijährige Kind einen Rechtsanspruch auf einen | |
| Kita-Platz. Aber es fehlen immer noch noch rund 300.000 Plätze bundesweit. | |
| Kosten: rund 6 Milliarden Euro. | |
| 2 Apr 2012 | |
| ## AUTOREN | |
| Simone Schmollack | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Kommentar Betreuungsgeld: Vorsätzlich unmoderne Herdprämie | |
| In Schweden ist niemand mehr für ein Betreuungsgeld. Da wirkt es seltsam, | |
| dass die Bayern diesen Fehler so unbedingt wiederholen wollen. | |
| Kristina Schröders Buch: Die allerletzte Postfeministin | |
| Es hätte ein Buch über Lösungen für die Vereinbarkeit von Beruf und Familie | |
| werden können. Aber danach sucht Ministerin Schröder nicht. Sie kämpft | |
| lieber gegen Windmühlen. | |
| Justizministerin lehnt Herdprämie ab: Gegen die Absprache | |
| Der Koalitionsstreit um das Betreuungsgeld wird nochmal schärfer. Die | |
| Herdprämie „passt eigentlich nicht mehr in die Zeit“, sagt Justizministerin | |
| Leutheusser-Schnarrenberger (FDP). | |
| Kita-Forscher über frühkindliche Bildung: „Das Geschlecht spielt eine Rolle… | |
| Holger Brandes untersucht, welche Rolle Männer in den Kindergärten wirklich | |
| spielen. Sie wirken mehr als Herausforderer, während Frauen eher | |
| bindungsorientiert sind. | |
| Betreuungsgeld könnte teuer werden: Haushälter fürchten die Herdprämie | |
| Der Streit geht weiter: Die „Herdprämie“ könnte teurer werden als geplant, | |
| warnen Haushaltspolitiker der Koalition. Wie sie bezahlt werden soll, ist | |
| ungeklärt. | |
| Streit um das Betreuungsgeld: Bei fast allen unbeliebt | |
| Obwohl die Kanzlerin sich für das CSU-Lieblingsprojekt aussprach, geht der | |
| Streit über das Betreuungsgeld weiter. Sogar Arbeitgeber und Kommunen | |
| halten es für unsinnig. | |
| Effekte des Betreuungsgeldes: Motorisch und sozial benachteiligt | |
| Die Wissenschaft ist sich einig: Die Prämie fürs Daheimbleiben schadet | |
| Müttern und Kindern. Teilweise führt ein Betreuungsgeld auch zu | |
| überraschenden Effekten. | |
| Koalitionsstreit ums Betreuungsgeld: Rita Pawelski baut eine Brücke | |
| Die Pläne zum Betreuungsgeld spalten die Union. Nun hat die Chefin der | |
| Frauen-Union einen Kompromiss vorgeschlagen. | |
| Auswärtiges Amt warnt vor Problemen: Wettbewerbsvorteil Frauenquote | |
| Die fehlende Frauenquote kann offenbar zum Problem für die deutsche | |
| Wirtschaft werden. Firmen könnten bald Aufträge aus dem EU-Ausland | |
| verlieren. | |
| Streit um Bildungspolitik: Bund soll wieder bilden dürfen | |
| Das Kooperationsverbot hindert Bund und Länder an der Zusammenarbeit in der | |
| Bildung. Die Koalition will dieses Verbot nun lockern. Reicht das? | |
| Kommentar Aufbau Ost: Solidarität braucht solide Einnahmen | |
| Der Solidarpakt sollte nicht bloß ein olles Ost-West-Ding sein. Wenn die | |
| Länder die Verpflichtung gegenüber Bürgern ernst nähmen, würden sie den | |
| Bund zwingen, die Steuern zu erhöhen. | |
| Kinderbetreuung von Großeltern: Lieber in die Kita statt zur Oma | |
| Ministerin Schröder will die „Großelternzeit“ erweitern. Doch die Praxis | |
| zeigt, dass schon heute nur wenige Eltern auf Betreuung durch Großeltern | |
| zurück greifen. |