# taz.de -- Kritik der Bundesregierung: Zu viel EU im Datenschutz | |
> Das Innenministerium will, dass die neue Datenschutzverordnung der EU nur | |
> für die Wirtschaft gilt, nicht für die Verwaltung. Private Webseiten | |
> bräuchten gar keinen Datenschutz. | |
Bild: Vielleicht brauchen Schüler künftig weniger „Selbstdatenschutz“. | |
BERLIN taz | Die Bundesregierung hält die geplante europäische | |
Datenschutzreform nur teilweise für notwendig. Zwar sollen für Facebook und | |
Google strenge gemeinsame EU-Regeln gelten. | |
In vielen Grundsatzfragen aber fordert die deutsche Regierung radikale | |
Änderungen an den Plänen der EU-Kommission. So soll etwa für private | |
Homepages künftig gar kein Datenschutzrecht mehr gelten. Das erläuterte | |
Innenstaatssekretärin Cornelia Rogall-Grothe am Dienstag vor Journalisten. | |
Derzeit beruht der Datenschutz in Europa auf einer EU-Richtlinie aus dem | |
Jahr 1995. In Deutschland wurde sie vor allem im Bundesdatenschutzgesetz | |
umgesetzt. Im Januar hat die EU-Kommission nun Vorschläge für eine neue Ära | |
des europäischen Datenschutzes vorgelegt. | |
Mit einer Datenschutzverordnung soll die Europäische Union künftig den | |
Datenschutz in Unternehmen und in der öffentlichen Verwaltung direkt | |
regeln. Das deutsche Datenschutzgesetz würde damit weitgehend überflüssig. | |
Daneben soll eine EU-Richtlinie Vorgaben für den nationalen Datenschutz bei | |
Polizei und Strafverfolgung machen. | |
## Einheitliches Datenschutzniveau für den Binnenmarkt | |
Die Bundesregierung begrüßt die Kommissionspläne nur für den Datenschutz in | |
der Wirtschaft. Eine direkt wirkende EU-Verordnung sei gut, um ein | |
einheitliches Datenschutzniveau für den Binnenmarkt mit seinen 500 | |
Millionen Verbrauchern sicherzustellen, so die Staatssekretärin. Nur so | |
könnten Weltunternehmen wie Google und Facebook zur Einhaltung hoher | |
Datenschutzstandards gezwungen werden. | |
Für die öffentliche Verwaltung hingegen ist nach Auffassung der | |
Bundesregierung kein einheitliches europäisches Datenschutzrecht | |
erforderlich. Hier sollten die Mitgliedsstaaten Spielräume behalten. Vor | |
allem Deutschland mit seinem sehr ausdifferenzierten Datenschutz sei darauf | |
angewiesen. | |
Bisher gebe es hierzulande spezifische Datenschutzregeln für viele | |
Bereiche, etwa für Sozialdaten, für die Daten von Ausländern, Beamten oder | |
Waffenbesitzern. Künftig werde in der geplanten EU-Verordnung alles über | |
einen Kamm geschert, befürchtet Rogall-Grothe. Hier genüge eine | |
umsetzungsbedürftige EU-Richtlinie, zumindest müsse es in der EU-Verordnung | |
großzügige Öffnungsklauseln geben. | |
## Mehr Freiraum für Blogger | |
Mehr Freiheit fordert die Bundesregierung für Privatpersonen, die eine | |
Homepage unterhalten, und auch für Blogger. Sie sollen künftig nicht mehr | |
vom Datenschutzrecht erfasst werden, auch wenn sie Informationen über | |
andere Personen verbreiten. Diese würden dann zum Beispiel nicht mehr der | |
Kontrolle der Datenschutzbeauftragten unterstehen. Das wäre ein echter | |
Rollback, auch gegenüber dem jetzigen Recht. | |
Im Entwurf für die EU-Datenschutzverordnung sind Privatpersonen dagegen mit | |
erfasst. Dies führe aber zu übertriebener Bürokratie, bemängelt | |
Rogall-Grothe: „Warum soll eine Privatperson wie ein Wirtschaftsunternehmen | |
eine Datenschutzstrategie aufstellen?“, fragt die Staatssekretärin. | |
Auch an der geplanten Richtlinie für den Datenschutz bei der Polizei übte | |
Rogall-Grothe grundsätzliche Kritik. Hier solle sich die EU zurückhalten | |
und sich auf Fragen des grenzüberschreitenden Datenaustauschs beschränken – | |
wie schon im entsprechenden Rahmenbeschluss aus dem Jahr 2008. Die | |
polizeiliche Datenverarbeitung im Inland gehe die EU nichts an, so die | |
Bundesregierung. | |
4 Apr 2012 | |
## AUTOREN | |
Christian Rath | |
Christian Rath | |
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