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# taz.de -- Google bestätigt Datenbrillen-Projekt: Schöne neue Brillenwelt
> Das „Project Glass“ soll Technologie und Internet noch enger und
> intuitiver in den Alltag einbetten – in Form einer Brille. Doch vorerst
> lauern noch viele technische und rechtliche Probleme.
Bild: Wenn die Freundin anruft: die Welt durch eine Datenbrille.
BERLIN/MOUNTAIN VIEW dpa | Nach dem Ende der PC-Ära ist auch schon das Ende
der Smartphone-Ära in Sicht: Das engste Bindeglied zwischen Mensch und
Internet könnte in Zukunft eine Brille sein.
[1][Google stellte jetzt ein Projekt] vor, das Informationen aller Art in
ein Brillenglas einblendet. „Das ist sicherlich zukunftsträchtig, wirft
aber auch sehr viele Fragen auf, über die man schon jetzt nachdenken
sollte“, sagt Reinhard Karger vom Deutschen Forschungszentrum für
Künstliche Intelligenz (DFKI).
Wie das „Project Glass“ funktionieren könnte, zeigt ein Video des
Google-Teams: Nach dem Aufstehen sieht der in New York lebende
Brillenträger, welche Termine anstehen: „Heute Abend Jess sehen, 18.30
Uhr.“ Ein Wetterbericht wird eingeblendet. Dann meldet sich ein Bekannter
und fragt in einer Sprechblase nach einem Treffen. Der Brillenträger
antwortet mit seiner Stimme – das Gerät beherrscht auch Spracherkennung.
Auf dem Weg zur U-Bahn wird die Information angezeigt, dass die Bahn
ausfällt. So macht sich der Brillenträger zu Fuß auf den Weg, es wird kurz
ein Routenplaner zum Zielort eingeblendet, der sich wieder meldet, sobald
man an einer Kreuzung abbiegen muss. Die Datenbrille zeigt auch an, wenn
ein Bekannter in der Nähe ist: „Paul ist 120 Meter entfernt.“
Unterwegs wird mit der Brille noch ein Foto aufgenommen. Für den Abschluss
des kleinen Films hat sich Google noch ein besonderes Highlight aufgehoben:
„View Share on“ – jetzt kann auch die Freundin Jessica sehen, was man
selbst gerade vor Augen hat.
„Das ist ja gruselig“, lautet die spontane Reaktion im Bekanntenkreis.
DFKI-Sprecher Karger räumt ein, dass ein derartiges Projekt zahlreiche
Fragen zum Schutz der Privatsphäre aufwerfe, denen man sich möglichst
frühzeitig stellen solle. Denn die Geschichte zeige, dass jede menschliche
Vision irgendwann Wirklichkeit werde.
Eine entscheidende Frage sehen die Experten für Künstliche Intelligenz
darin, welche Informationen und Interaktionen ein solches Gerät
bereitstellen soll. Karger fügt hinzu: „Dafür haben wir noch keine
Interaktionskultur entwickelt“ – im Unterschied zur Multitouch-Bedienung
bei Smartphones und Tablet-Computern, die schon von kleinen Kindern
beherrscht wird.
Die Technik für eine solche Brille wird als „erweiterte Realität“
(Augmented Reality) bezeichnet. Dabei erkennt eine Software Objekte unserer
Umgebung, zeigt in einer zusätzlichen Sichtebene Informationen dazu an oder
bietet Möglichkeiten, um mit Objekten, Standorten oder Personen zu
kommunizieren. Wofür bisher ein Mausklick oder eine Fingerberührung nötig
war, könnte dann mit einer Kopf- oder Augenbewegung geschehen.
## Etliche technische Probleme
Das Google-Projekt wird im Forschungslabor Google X entwickelt, das auch an
einem Konzept für ein fahrerloses Auto arbeitet. Mit dabei ist der in
Solingen geborene Wissenschaftler Sebastian Thrun, der an der Stanford
University in Kalifornien über Künstliche Intelligenz forscht und als
„Google Fellow“ Ideen für Zukunftsprojekte des Internet-Konzerns
beisteuert.
Die Datenbrille wirft etliche technische Probleme auf, die vor einer
Realisierung gelöst werden müssen. Das betrifft die benötigte schnelle
Anbindung an das Internet, die Stromversorgung und damit die Dauer der
Laufzeit. Ingenieurskunst ist gefragt, wenn auch eine Miniaturkamera und
Spracherkennung eingebaut werden soll. Ein Teil der Technik könnte in den
Bügel gelegt werden, ein Teil in die Cloud, also in Rechenzentren im
Internet, wie das schon zum Teil bei der Spracherkennung auf dem
Smartphones gemacht wird.
In den USA wird es für möglich gehalten, dass die Google-Brille schon in
einem Jahr Wirklichkeit wird – so heißt es etwa [2][im Fachdienst
TechCrunch]. Ein Google-Sprecher in Hamburg sagt, zum Zeitpunkt einer
Einführung könnten noch gar keine Angaben gemacht werden. Das
Forschungslabor Google X arbeite an Zukunftsprojekten, aber immer mit Blick
auf mögliche Anwendungen. Google erklärte, es wolle schon jetzt darüber
informieren, um Anstöße von Interessenten zu erhalten.
Die fallen allerdings auch kritisch aus. Der Autor Joe Stracci aus New
Fairfield im US-Staat Connecticut [3][schrieb in seinem Blog]: „Das hilft
euch überhaupt nicht, eure Welt zu erkunden. Es hilft Google, eure Welt zu
erkunden.“ Als Möglichkeit für eine kommerzielle Nutzung zeigt das Video,
wie der Brillenträger an einem Konzertplakat vorbeiläuft und – bling –
sofort das Ticket für die Veranstaltung kaufen kann. Und Google ist
schließlich Marktführer für Online-Werbung und hat sein gesamtes
Geschäftsmodell darauf ausgerichtet.
## Das Gegenüber in der U-Bahn
„Durch eine solche Brille würde der Datenschutz noch einmal erheblich
gefährdet“, sagte der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar. „Der
Nutzer würde noch mehr Informationen über sich, sein Verhalten und seinen
Aufenthaltsort an das Unternehmen liefern, das diese Daten dann mit den
ohnehin bekannten Nutzerinformationen aus E-Mail und Suchanfragen
verknüpfen könnte.“
Zudem könnte die Technik dazu verwendet werden, Dritte zu kontrollieren -
„jedenfalls dann, wenn hier über eine Gesichtserkennungsfunktion Personen,
die mir etwa in der U-Bahn gegenüber sitzen identifiziert werden könnten“.
Schaar sagte, Google wäre gut beraten, diese Datenschutzaspekte möglichst
frühzeitig zu berücksichtigen.
5 Apr 2012
## LINKS
[1] http://g.co/projectglass
[2] http://techcrunch.com/2012/04/04/apple-facebook-project-glass/
[3] http://joestracci.org/post/20473908742/google-has-finally-unveiled-project-…
## TAGS
Google Glass
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