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# taz.de -- Anti-Piraterie-Abkommen: Acta vor dem Aus
> Der sozialdemokratische Berichterstatter im EU-Parlament spricht sich
> erstmals klar gegen das Anti-Piraterie-Abkommen aus. Nun wackeln selbst
> die Konservativen.
Bild: Wer zuletzt lacht, lacht am besten: Teilnehmerin einer Anti-Acta-Demonstr…
BRÜSSEL taz | Das umstrittene Anti-Piraterie-Abkommen Acta steht praktisch
vor dem Aus. Nach den Grünen und der Linken im Europäischen Parlament hat
sich nun auch die sozialdemokratische EU-Fraktion offiziell gegen den
internationalen Vertrag ausgesprochen. „Acta ist nicht das richtige
Instrument, das Urheberrecht im Internet zu regeln“, erklärte der
Vorsitzende der europäischen sozialdemokratischen Partei, Sergei Stanishev,
in Brüssel. „Ich empfehle dem Parlament, das Abkommen abzulehnen.“
Auch der zuständige Berichterstatter des EU-Parlaments, der britische
Sozialdemokrat David Martin, kündigte an, in seinem Bericht ein negatives
Votum zu empfehlen. Er hatte bisher noch darüber nachgedacht, die Prüfung
des Europäischen Gerichtshofs abzuwarten oder eine eigene Anfrage an die
Luxemburger EU-Richter zu stellen.
Ohne die Zustimmung der EU-Abgeordneten kann das Abkommen nicht in Kraft
treten. „Mit der Erklärung der Sozialdemokraten ist Acta praktisch tot“,
sagte der grüne Europa-Abgeordnete Jan Philipp Albrecht. Das Parlament muss
der Empfehlung des Berichterstatters zwar nicht folgen, aber Albrecht
erwartet eine eindeutige Mehrheit gegen Acta im Plenum. „Nur bei den
Liberalen und bei den Konservativen gibt es überhaupt noch Fürsprecher, und
auch die werden immer weniger.“
## „Nicht unbedingt durchkloppen“
Auch aus konservativen Kreisen hieß es nun, man wolle das Abkommen nicht
mit Händen und Füßen verteidigen, sollten es die anderen Fraktionen
ablehnen. Daniel Caspary, der für die CDU/CSU das Dossier im Europäischen
Parlament betreut, will zwar eine „ergebnisoffene“ Prüfung durch das
Parlament abwarten. „Aber wir wollen Acta nicht unbedingt durchkloppen. Es
gibt noch immer eine Menge Bedenken, und wir als Kontrollorgan können da
nicht einfach Ja sagen.“
Erst recht nicht, so Caspary, wenn einige Staaten – darunter auch
Deutschland – ihre Zustimmung auf Eis legen und die Europäische Kommission,
die Acta bisher immer verteidigt hatte, es vom Europäischen Gerichtshof
überprüfen lässt. In den vergangenen Monaten hat das Abkommen zu massiven
Protesten in mehreren EU-Mitgliedsstaaten geführt. Kritiker befürchten,
dass Acta die Freiheit der Nutzer im Internet einschränken könnte.
Daniel Caspary setzt sich dafür ein, den zuständigen Ausschüssen im
Europäischen Parlament dennoch genügend Zeit einzuräumen, ihre
Stellungnahmen abzugeben. Ende Mai soll nach dem bisherigen Zeitplan der
federführende Ausschuss „Internationaler Handel“ abstimmen, bevor das
Dossier dann im Juni ins Plenum geht. „Wenn wir Acta ablehnen, sollten wir
der EU-Kommission genau sagen, warum, und ihr auch Alternativvorschläge
machen“, sagt Caspary. „Dafür brauchen wir Zeit.“
Die Sozialdemokraten berichteten in Brüssel unterdessen, dass auch auf
G-8-Ebene, wo Acta einst ausgehandelt worden war, mittlerweile mit dem Aus
des Abkommens gerechnet wird. Sergei Stanishev sagte, es seien bereits
Arbeitsgruppen gebildet worden, die sich mit einem Plan B für
Alternativ-Abkommen beschäftigen sollen.
15 Apr 2012
## AUTOREN
Ruth Reichstein
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