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# taz.de -- Amazons europäisches Steuersparmodell: Gigantische Profite, keine …
> Amazon setzt jährlich mehrere Milliarden Euro um – zahlt aber in
> Luxemburg niedrige Steuersätze. Der britische Fiskus prüft nun das
> Steuersparmodell des Konzerns.
Bild: Verschickt von Amazon in Deutschland, bezahlt bei Amazon in Luxemburg.
LONDON taz | Amazon UK befindet sich derzeit im Kreuzfeuer der Kritik des
britischen Fiskus und der britischen Presse. Der Versandkonzern, über
dessen virtuellen Ladentisch rund eines von vier Büchern im Inselkönigreich
geht, hat letztes Jahr vier Milliarden Euro umgesetzt, aber keine
Unternehmenssteuer bezahlt. Der Grund: Die Zahlungen werden seit 2006 über
eine Firma in Luxemburg abgerechnet.
Wie die britische Tageszeitung The Guardian berichtet, muss Amazon UK
derzeit eine Untersuchung der britischen Steuerbehörden über sich ergehen
lassen – es herrscht allerdings Unklarheit darüber, was genau die
Finanzbeamten unter die Lupe nehmen, denn es könnte sich auch um eine
Routineprozedur handeln.
In den vergangenen drei Jahren hat der Online-Buchhändler in Großbritannien
Artikel im Wert von mehr als 9,2 Milliarden Euro verkauft, aber der
britische Steuerzahler ging leer aus. Das Fachmagazin The Bookseller
bezeichnete diese Vorgehensweise als „Amazons Steuersparmodell“, wobei
dieser Begriff natürlich irreführend ist – von „Sparen“ kann nur die Re…
sein, wenn es sich um einen legalen Vorgang handelt.
Ob das bei Amazon der Fall ist, wird derzeit von den britischen
Steuerbehörden geklärt. The Bookseller berichtet weiter, dass Amazon in
Großbritannien bereits jetzt 70 Prozent des E-Book-Marktes kontrolliere.
## Keiner Schuld bewusst
Christopher North, Geschäftsführer von Amazon UK, ist sich keiner Schuld
bewusst. In einem Radiointerview erklärte er kürzlich, dass das Unternehmen
zwar von den niedrigen Unternehmensteuern in Luxemburg profitiere, aber in
Großbritannien ordnungsgemäß Steuern entrichte: „Auf die Produkte, die wir
verkaufen und an die Kunden schicken, bezahlen wir 20 Prozent
Mehrwertsteuer.“
Allerdings falle diese Steuer nicht bei Büchern an für die ein
Mehrwertsteuer-Nullsatz gelte, erklärte der Amazon-Mitarbeiter weiter. Die
von Amazon vertriebenen E-Books werden in Luxemburg nur mit drei Prozent
besteuert. Der Grund: Gedruckte Bücher und elektronische Veröffentlichungen
haben in den Augen der luxemburgischen Gesetzeshüter kulturelle Bedeutung
und sind aus diesem Grund niedrig zu besteuern.
Die Briten sind jedoch in ihrem Kummer nicht allein: Amazons
„Steuersparmodell" wird außerdem in den USA, Japan, Luxemburg, China,
Frankreich und Deutschland vom Fiskus scharf beäugt. In den USA zahlt
Amazon in nur fünf Staaten Steuern, denn dort muss ein Unternehmen seine
Kassen nur für den Fiskus entleeren, wenn es einen Laden oder ein
Warenlager in dem jeweiligen Staat hat.
## Nur der Versand ist vor Ort
Die Amazon-Steuerspartricks in Europa sind etwas anderer Natur: Der
Internet-Retailer betreibt große Dependancen in europäischen Ländern, aber
die Zahlungen werden über das Ausland abgewickelt. Im Fall von
Großbritannien und Deutschland ist das die Zentrale in Luxemburg. Die
Vertretungen vor Ort übernehmen jeweils nur das Versandgeschäft.
Auf eine Anfrage von taz.de, ob Amazon Deutschland ebenfalls auf die
Geschäftspraktiken der britischen Schwesterfirma zurückgreife, antwortete
Frank Blum von Amazon Deutschland: „Amazon EU beliefert Millionen von
Kunden aller 27 Länder der EU [...]. In der europäischen Zentrale in
Luxemburg arbeiten Hunderte Mitarbeiter, um diese komplexen Leistungen
sicherzustellen.“
Amazon UK ging 1998 online und hat sich seitdem zur populärsten
Einzelshandels-Webseite auf den britischen Inseln entwickelt, die mehr Hits
verzeichnet als die riesigen Einzelhandelsketten Tesco, Argos und Next.
Trotz steigender Einkünfte scheint die Zentrale in Luxemburg personell auf
Sparflamme zu kochen: Die 2.665 Mitarbeiter der britischen Niederlassung
erwirtschafteten 2010 „nur“ 180 Millionen Euro, während auf die Konten der
luxemburgischen Zentrale mit ganzen 134 Angestellten sagenhafte 7,5
Milliarden Euro flossen.
## Gesetzeslücken genutzt
Auch in Großbritannien hüllte sich Amazon bezüglich seiner
Geschäftspraktiken in Schweigen und antwortete mit dem gleichen
nichtssagenden Statement wie die Schwesterfirma in Deutschland.
Der Guardian hatte bereits in einem früheren Artikel auf die
„Steuersparpraktiken" von Amazon hingewiesen. Amazon-Gründer Jeff Bezos,
schreibt Juliette Garside im Guardian, habe schon immer ein ausgeprägtes
Interesse darin gehabt, Gesetzeslücken zur Vermeidung von Steuern
auszunutzen.
Von Anfang an sei es eine Unternehmensstrategie des weltgrößten
Online-Einzelhändlers gewesen, um die Konkurrenz bei Verkaufspreisen zu
unterbieten. Bezos soll angeblich bevor der Gründung von Amazon darüber
nachgedacht haben, ob er seinen Onlinehandel in einem indianischen Reservat
in der Nähe von San Franzisko ansiedelt. Der Grund liegt auf der Hand:
Steuervorteile.
19 Apr 2012
## AUTOREN
Frank Heinz Diebel
## TAGS
Steuerflucht
Amazon
Amazon
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