Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Kritik an Tierversuchsanlage: Blutige Bisswunden, hungernde Mäuse
> Inakzeptables Leid im Käfig: Eine Aufsichtsbehörde wirft einer der
> größten Tierversuchsanlagen Quälerei vor. Vor Ort spricht man von
> bedauerlichen „Einzelfällen“.
Bild: Die Realität für Mäuse im Max-Delbrück-Centrum sieht oft blutiger und…
BERLIN taz | Pfleger ließen Versuchstiere verhungern, schwerverletzte Mäuse
mussten tagelang leiden, Hamster wurden ohne Genehmigung gehalten: Im
Berliner Max-Delbrück-Centrum für molekulare Medizin (MDC), einer der
größten deutschen Tierversuchsanlagen, hat es teils gravierende Verstöße
gegen Tierschutzvorschriften gegeben. Das belegen Kontrollberichte des
Berliner Landesamts für Gesundheit und Soziales, die der taz vorliegen.
„Aus diesen Berichten geht klar hervor, dass man am MDC nicht bereit ist,
sich an geltendes Tierschutzrecht zu halten. Deshalb darf auch kein neues
Tierhaus für das MDC gebaut werden“, sagte Edmund Haferbeck, Berater der
Tierrechtsorganiastion Peta, der taz.
Bis 2020 will die von Bund und Berlin finanzierte Forschungseinrichtung die
Zahl ihrer Käfige für Mäuse und Ratten nach eigenen Angaben um rund 17
Prozent auf etwa 20.800 erhöhen, was rund 64.800 Tieren entspricht. Das MDC
hält die Versuche für unerlässlich etwa in der Krebsforschung, Tierschützer
bezeichnen die Experimente als überflüssig.
Neue Argumente liefern den Gegnern die Berichte über Kontrollbesuche der
Berliner Aufsichtsbehörde in den Jahren 2008 und 2009. Dort sind insgesamt
etwa zehn verschiedene Missstände in der Tierhaltung des MDC aufgelistet.
Die Kontrolleure fanden zum Beispiel eine Maus mit großflächigen blutigen
Bisswunden. Tagelang sei sie in diesem „inakzeptablen Zustand“ gewesen und
habe vermeidbare Schmerzen erlitten. „Dieses Tier hätte längst getötet
werden müssen“, schrieben die Inspektoren.
## Zahnlose Mäuse schlichtweg vergessen
Unnötigen Qualen ausgesetzt wurden auch die zahnlosen Mäuse, die der
Wochenenddienst in der Tierpflege des MDC schlichtweg vergaß. Sie hätten
kein Futter bekommen, „woraufhin es sogar zu Todesfällen durch Verhungern
kam“, kritisieren die Kontrolleure.
Gern verteidigt das MDC seine Tierversuche damit, dass sie sehr gut
reguliert seien. Doch bei ihren Kontrollbesuchen fanden die Inspektoren
sogar Meerschweinchen und Hamster, für die das Centrum überhaupt keine
Erlaubnis hatte.
Ansonsten monierte das Amt etwa die Käfige des MDC: „Sie sind zurzeit zum
Teil zu klein, zu dicht besetzt und mit zu wenig oder keinem
Beschäftigungsmaterial ausgestattet.“ Kaninchen hätten artwidrig allein
leben müssen, Narkosemittel seien nicht ordnungsgemäß gelagert worden, mit
gentechnisch veränderten Viren infizierte Mäuse seien nicht deutlich genug
gekennzeichnet worden, manche Mitarbeiter würden ihre Taschen in Räume mit
solchen Mäusen mitnehmen – ein Verstoß gegen die Sicherheitsbestimmungen
für gentechnische Anlagen.
Barbara Bachtler, Sprecherin der Forschungseinrichtung, sagte zu den
Berichten auf Anfrage: „Es handelt sich um Einzelfälle, die das MDC sehr
bedauert.“ Und: „Das MDC hat durch Mitarbeitergespräche und weitere
Regelungen dafür Sorge getragen, dass sich diese Mängel nicht wiederholen.“
Die Tiere würden nun auch an den Wochenenden besser betreut.
Außerdem habe das Centrum zum Beispiel größere Käfige mit verbesserter
Ausstattung angeschafft. „Von einer katastrophalen Tierhaltung kann
allerdings keine Rede sein und die öffentliche Gesundheit war auch zu
keiner Zeit gefährdet“, ergänzte Bachtler. Die Behörde habe die Zucht- und
Haltungsgenehmigungen des MDC „nach umgehender Beseitigung der Mängel“
verlängert.
23 Apr 2012
## AUTOREN
Jost Maurin
## TAGS
Kosmetik
## ARTIKEL ZUM THEMA
EU-Gesetz tritt in Kraft: Tierversuche für Kosmetika verboten
In Europa sind ab Montag Kosmetika verboten, die an Tieren getestet wurden.
Doch einen vollständigen Verzicht auf Tierversuche wird es trotzdem nicht
geben.
Modelltiere für die Wissenschaft: Leiden für die Atheroskleroseforschung
Gentechnisch veränderte Labortiere wie die Atherosklerosemaus sind die in
der Wissenschaft am meisten „verbrauchten“ Tiere. Sie wurde jetzt zum
„Versuchstier des Jahres“ ernannt.
Zehn Jahre Tierschutz im Grundgesetz: Ferkelkastration und Laboraffen
Der Schutz der Tiere in Deutschland hat seit 2002 Verfassungsrang. Die
Jubiläumsbilanzen fallen mehrheitlich sehr kritisch aus, denn die
Wirklichkeit entspricht selten der Gesetzeslage.
20 Jahre Patent auf Tiere: Die Harvard-Maus
20 Jahre ist es her, als die Krebs-Maus patentiert wurde. Sie brachte der
Forschung wenig, ist aber fast so berühmt wie das Klon-Schaf Dolly.
Krebs durch Infektionen: Viren lauern überall
Laut einer Studie wird jede sechste Krebserkrankung durch Viren oder
Bakterien verursacht. Gerade deswegen komme der Infektionsvorsorge eine
wichtige Rolle zu.
10 Jahre Staatsziel Tierschutz: Der Hoden des Ferkels ist unantastbar
Vor zehn Jahren erhielt das Tierschutzgesetz durch den deutschen Bundestag
verfassungsrechtlichen Rang. Für die Tiere hat sich dadurch nichts
verändert, sagen Tierschützer.
Tierschützer versus Verbraucherschützer: Quälen für die Umwelt
Umwelt- und Tierschützer streiten miteinander: Sind Tierversuche okay, wenn
sie der Identifizierung und dem Verbot schädlicher Chemikalien dienen?
Pharma-Tests: Die Versuche mit der Maus
Der Pharma-Konzern Merz lässt in Hamburg Medikamente an Tieren testen.
Ärzte haben 60.000 Unterschriften gegen eine neue Genehmigung gesammelt.
Das Länderranking der Tierversuche: Baden-Württemberg ist führend
Die Anzahl der genehmigten Tierexperimente in Deutschland ist seit 2000
insgesamt um 56 Prozent gestiegen. "Verbraucht" werden immer mehr
gentechnisch veränderte Tiere.
Die Tierversuch-Branche boomt: Sterben für die Krebsforschung
In Berlin plant das Max-Delbrück-Centrum für molekulare Medizin, die Zahl
der Tierversuche um 17 Prozent zu steigern. Tierschützer halten das für
völlig überflüssig.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.