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# taz.de -- Kommentar Wahlergebnis in Griechenland: Ein Wechsel ist möglich
> Das Bündnis der „Radikalen Linken“ ist der eigentliche Sieger der Wahl in
> Griechenland. Das eröffnet die Chance einer Koalition aller linken
> Kräfte.
Bild: Alexis Tsipras soll die neue Regierung zusammenstellen.
Wenn die Mittelklasse verschwindet, dann müssen auch ihre Volksvertreter
ein Schattendasein fristen. Mit dieser Wahrheit sind die beiden großen
Traditionsparteien in Griechenland seit Sonntag sehr deutlich konfrontiert.
Die historische Wahlschlappe für Neue Demokratie und Pasok lässt sich nicht
nur als Verzweiflungsreaktion der Wähler auf die Steuererhöhungen und
Sozialkürzungen der vergangenen zweieinhalb Krisenjahre zurückzuführen. Für
viele Griechen war es auch eine grundsätzliche Abrechnung mit den
Missständen des Parteiensystems, die noch viel deutlicher hätte ausfallen
können: Immerhin scheiterten vier Splitterparteien relativ knapp an der in
Griechenland geltenden Drei-Prozent-Hürde.
Der eigentliche Sieger dieser Wahl heißt Alexis Tsipras, Vorsitzender der
„Radikalen Linken“ (Syriza) und künftiger Oppositionsführer, vielleicht
sogar Koalitionspartner. Anders als der Name zunächst vermuten lässt, ist
die „Radikale Linke“ relativ gemäßigt und viel offener als etwa die
orthodoxe Kommunistische Partei KKE. Selbst eine vorübergehende
Regierungsbildung mit den Konservativen wäre Syriza zuzutrauen.
Doch bevor sich die Athener Linken auf eine solche Vernunftehe einlassen,
sollten sie erst einmal ihrem Herzen folgen und die Möglichkeiten einer
Koalition aller linken politischen Kräfte ausloten. Im Moment ist ein
solches Bündnis vor allem deswegen nicht möglich, weil die in Frage
kommenden Parteien vor lauter Bäumen den Wald nicht sehen, weil sie über
Streitigkeiten und Personaldebatten stolpern.
Syriza-Chef Tsipras ist nach der Wahl ausdrücklich auf die Option einer
linken Koalition eingegangen und hat dabei auch immer wieder das Wort
„Europa“ in den Mund genommen. Dahinter darf man nicht nur politischen
Instinkt vermuten, sondern auch sanften Druck der europäischen Linken auf
die möglichen Partner im eigenen Lager.
Was wäre von einem solchen Bündnis zu erwarten? Syriza würde vor allem auf
Konfrontationskurs zu den internationalen Geldgebern Griechenlands gehen.
Eine Vorahnung konnte man im Wahlkampf bekommen: Die Drohung des deutschen
Finanzministers, die Griechen „hätten mit Konsequenzen zu rechnen“, falls
sie nicht das gewünschte Wahlergebnis lieferten, war eine Steilvorlage für
Tsipras: „Wir antworten Herrn Schäuble, dass Griechenland eine neue
Regierung bekommt. Das Land wird von Menschen regiert werden, die nicht auf
den Bestechungslisten von Siemens stehen.“
Nach dem Ergebnis vom Sonntag wäre ein solcher Wechsel in Athen nun
tatsächlich möglich. Es liegt an den linken Parteien, diese Chance nicht
ungenutzt verstreichen zu lassen.
7 May 2012
## AUTOREN
Jannis Papadimitriou
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