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# taz.de -- Parlamentswahlen in Griechenland: Land der ungehorsamen Wähler
> Das griechische Volk steckt in der Klemme: Die Parteien, die das Land
> heruntergewirtschaftet haben, bieten politische Stabilität. Eine
> Alternative besteht aus Rechtsextremen.
Bild: Die Linke hat kein gemeinsames Konzept: Orthodoxe Kommunisten am 1. Mai.
ATHEN taz | Es ist die spannendste Parlamentswahl in Griechenland seit dem
Ende der Militärdiktatur 1974. Insgesamt 32 Parteien und Gruppierungen
buhlen um die Gunst der Wähler; anders als in der Vergangenheit geht es an
diesem Sonntag nicht nur um den klassischen Lagerkampf zwischen links und
rechts, sondern in erster Linie um die Entscheidung für oder gegen die
umstrittene Sparpolitik.
Aus Sicht der machtverwöhnten Volksparteien sieht das Wahldilemma so aus:
Entweder die Griechen entscheiden sich für die proeuropäischen Kräfte oder
sie erliegen in ihrer Wut der Versuchung, Extremisten und Ewiggestrige zu
wählen, womit die Zukunft des Landes auf dem Spiel stehe. „Die Griechen
müssen eine klare Antwort auf die Frage geben, ob sie einem proeuropäischen
Kurs folgen“ sagt Sozialistenchef Evangelos Venizelos.
Auch der Vorsitzende der Konservativen, Antonis Samaras, der in allen
Umfragen führt, aber keine Aussicht auf die absolute Mehrheit hat, will
stabile politische Verhältnisse: „Wenn das Land unregierbar wird, kommen
wir nie aus der Krise. Ich brauche doch einen deutlichen Regierungsauftrag,
damit wir die Wirtschaft ankurbeln und in Europa verhandeln können“,
erklärte er auf einer Wahlkampfveranstaltung im westgriechischen Patras.
Das hört sich vernünftig an. Nur: Waren es nicht die beiden Volksparteien,
die in den vergangenen vierzig Jahren das Land heruntergewirtschaftet
haben?
Wie kann es sein, dass ausgerechnet diese Politiker sich heute als Garanten
für Stabilität aufspielen und so tun, als wäre nichts geschehen? Diese
Fragen gehen den Wählern nicht mehr aus dem Kopf. Bei den letzten Wahlen
2009 konnten die Sozialisten und die Konservativen zusammen über 75 Prozent
der Stimmen auf sich vereinen. Laut Umfragen werden sie etwa 40 Prozent
bekommen. Das würde nicht einmal für eine große Koalition reichen.
Allerdings begünstigt das griechische Wahlrecht die größeren Parteien.
„Wenn die Umfragen stimmen, dann bricht das politische System zusammen“,
kommentiert der angesehene Journalist Giorgos Lakopoulos in der Athener
Zeitung Ta Nea. „Aber was kommt an dessen Stelle? Heute sitzen vielleicht
mittelmäßige Leute im Parlament, aber nach der Wahl haben wir mit richtig
gefährlichen Typen zu tun“, befürchtet Lakopoulos.
Damit gemeint sein dürften vor allem Parteien, die rechts von der Nea
Dimokratia angesiedelt sind. Sowohl die Schlägertruppe der Chryssi Avgi
(Goldene Morgendämmerung) als auch die antideutsche Partei des
Dampfplauderers Panos Kammenos (Unabhängige Griechen) und die
Rechtsradikalen unter Führung des Exbodybuilders Giorgos Karatzaferis
(Laos) rechnen sich gute Chancen aus, die Dreiprozenthürde zu überwinden
und ins Parlament zu ziehen. Kommentatoren warnen vor „Weimarer
Verhältnissen“ und liegen damit auf gleicher Linie mit den Volksparteien,
die stabile politische Verhältnisse fordern.
Die Linke vermutet dahinter eine „Erpressung der Wähler“. Aber was hat sie
dem entgegenzusetzen? Jedenfalls kein gemeinsames Konzept. Während etwa die
gemäßigte Demokratische Linke den Verbleib Griechenlands in der EU
befürwortet, will die orthodoxe Kommunistische Partei (KKE) das „Europa der
Monopole“ zu Fall bringen. Eine Mittelposition nimmt die Koalition der
radikalen Linken (Syriza) ein.
Laut Umfragen kämen alle Linksparteien zusammen auf 35 Prozent der Stimmen.
Einen Vorschlag des Syriza-Chefs Alexis Tsipras für die Zusammenarbeit
linker Kräfte wies die Generalsekretärin der orthodoxen Kommunisten Aleka
Papariga mit ironischem Unterton zurück: „Herr Tsipras hat diesen Vorschlag
wohl nur deswegen unterbreitet, weil er sich sicher war, dass wir ihn
ablehnen würden.“
2 May 2012
## AUTOREN
Jannis Papadimitriou
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