Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Streit der Woche: Muckis im Politikbetrieb
> Ist Sport politisch? Ja, sagt die Grünen-Politikerin Viola von Cramon,
> hält aber nichts von Boykotts. Für Ex-Eiskunstläufer Ingo Steuer dagegen
> haben Sport und Politik nichts miteinander zu tun.
Bild: Die EM-Maskottchen haben gut lachen. Regimekritiker in der Ukraine nicht.
„Während alle Welt über die Ukraine diskutiert, wartet der nächste Skandal
schon: Europas letzter Diktator Aleksander Lukaschenko will 2014 eine
Eishockey-WM und schon im kommenden Jahr eine Bahnrad-WM in Belarus
austragen.“ Das schreibt die grüne Bundestagsabgeordnete Viola von Cramon
in einem Beitrag für die [1][sonntaz] zur Streitfrage der Woche.
Die 42-jährige Grüne ist Mitglied des Bundestags-Sportausschusses. Sie ist
sich sicher: „Während die Spitzenverbände des Sports beteuern, keine
politischen Vereinigungen zu sein, instrumentalisieren autoritäre Staaten
den Sport längst für ihre Zwecke.“
Von Cramon fordert ein allgemeines Umdenken: „Es braucht ein klares und
politisches Bekenntnis zu menschenrechtlichen Standards in den Satzungen
der Sportverbände und eine dezidierte Position der Politik zum Umgang mit
sportlichen Ereignissen in autoritären Staaten.“
Obgleich von Cramon anprangert, dass sich Lukaschenko trotz der
fragwürdigen Menschenrechtslage im eigenen Land nun auch noch damit
„brüsten“ kann, alle Welt einzuladen und die Weltelite des Sports zu Hause
um den Titel kämpfen zu lassen, hält sie einen Boykott für das „letzte und
meist das falsche Mittel.“
## Die Sportler tragen die Last
Der Ex-Eiskunstläufer Ingo Steuer hingegen spricht sich gegen eine
Politisierung von Sport aus. Der Trainer des erfolgreichen
Eiskunstlauf-Paares Aljona Sawtschenko und Robin Szolkowy fordert: „Politik
sollte keine Athleten benutzen, um die Lösung politischer Konflikte zu
erzwingen.“ Steuers eigene Stasi-Vergangenheit wurde während der
Olympischen Spiele 2006 zum Politikum.
Er beklagt, dass nun sein Eiskunstlauf-Paar darunter zu leiden habe, da er
zwar weiterhin als Trainer arbeiten darf, jedoch kein Geld mehr vom Verband
bekommt: Seine Sportler bezahlen ihn selbst. „In meinem Fall werden meine
Sportler für meine Verfehlungen im Jugendalter bestraft.“
## Sport als globale Entertainmentmaschine
Für Thomas Kistner, Sport-Redakteur der Süddeutschen Zeitung und Autor des
Buches „Fifa Mafia“, sind Sport und Politik nicht zu trennen. Kistner
unterscheidet zwischen Amateursport und sportlichen Großveranstaltungen:
„Im Fall Ukraine wird nicht über Sport debattiert, sondern über eine
Fußball-EM. Das ist hochkommerzieller Spitzensport. Diese Kategorie hat
nichts zu tun mit dem Kulturgut Sport. Sie ist das größte Segment der
globalen Unterhaltungsindustrie, größer als Film- und Musikbranche.“
Eine Entertainmentmaschine, deren Höhepunkte bis zu einer Milliarde
Menschen weltweit vor die Glotze locken – gibt es Politischeres als so eine
nationale Muskelschau, eingebettet in globale Werbemessen? Nein. Sein
Plädoyer: „Westliche Länder sollten sich um Sportfeste, die nicht schon im
Veranstaltervertrag einen Mindeststandard an Menschenrechten festlegen,
nicht mehr bewerben.“
Weitere Beiträge zum „Streit der Woche“ finden Sie in der [2][sonntaz vom
12./13. Mai]. Darin äußern sich Wolfgang Grenz von Amnesty International,
die Fechterin Imke Duplitzer, die bei den Olympischen Spielen in Peking
2008 mit einem Boykott der Eröffnungsfeier Aufmerksamkeit erregte, sowie
die taz-Leser Alex Senn und Thomas Schäfer. Auch die Grünen-Chefin Claudia
Roth und Ex-Tennis-Profi Claudia Kohde-Kilsch, die als Sprecherin der
Linken im Saarland Sport mit Politik vereint, äußern sich zur
sonntaz-Frage.
12 May 2012
## LINKS
[1] /zeitung/tazinfo/sonntaz-vorlauf/
[2] /zeitung/tazinfo/sonntaz-vorlauf/
## AUTOREN
Eva-Lena Lörzer
## TAGS
Grüne
Saarland
Schwerpunkt Olympische Spiele 2024
Schwerpunkt Eurovision Song Contest
Schwerpunkt Fußball-EM 2024
Schwerpunkt Eurovision Song Contest
Schwerpunkt Fußball-EM 2024
## ARTIKEL ZUM THEMA
Fecht-Europameisterin Imke Duplitzer: Von der Planche ins Parlament
Die Fechterin Imke Duplitzer möchte das sportpolitische Profil der Grünen
schärfen. Deswegen tritt sie für die Partei bei der Europawahl im Mai an
Claudia Kohde-Kilsch und die Linkspartei: Die ausdauernde Spitzenkämpferin
Die frühere Tennisspielerin und langjährige Freundin Oskar Lafontaines muss
Ausdauer beweisen. Fürs erste ist sie damit gescheitert, sicher in den
Bundestag einzuziehen.
Olympia – Fechten: 5 Mal Olympia, 5 Mal nichts gerissen
Schnelles Aus in der 2. Runde: Damit hat keiner gerechnet. Die deutsche
Degenfechterin Imke Duplitzer muss ihren Degen schon wieder einpacken.
Eishockey-WM 2014: Powerplay gegen den Diktator
Politiker und Aktivisten wollen verhindern, dass 2014 die Eishockey-WM im
Folterstaat Weißrussland stattfindet. Der deutsche Verbandschef findet das
falsch.
Eurovision Song Contest: Das Festival des politischen Liedes
Treffen der Schnulzenbarden? Von wegen. Die Songs der Interpreten in Baku
sind voller versteckter politischer Botschaften – eine Top Ten.
Fußball-EM in Polen und der Ukraine: „Warum so spät?“
In Polen hält man sich mit Kritik an der Ukraine zurück. Schließlich könnte
eine Verschiebung des Turniers folgen. Jetzt will gar die EU-Kommission die
EM boykottieren.
Menschenrechte zur EM und zum ESC: Dann wohl doch nicht igitt genug
In der Menschenrechtsdebatte zur Fußball-EM in der Ukraine und zum
Eurovision Song Contest in Aserbaidschan wird geheuchelt. Das führt zu
nichts.
Grüne über EM-Hintergründe in Ukraine: „Da beißt man auf Granit“
Die grüne Sportpolitikerin Viola von Cramon über die politischen Realitäten
im EM-Gastgeberland Ukraine und die Verantwortung der Sportverbände Uefa
und DFB.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.