# taz.de -- AKW-Lobby gegen Regierungsberater: Japans schleichender Atomausstieg | |
> Der Anteil des Atomstroms in Japan könnte bis 2030 halbiert werden. Die | |
> Nuklear-Lobby hält dagegen und versucht, ein Datum für den Atomausstieg | |
> zu verhindern. | |
Bild: Premierminister Yoshihiko Noda, Wirtschaftsminister Yoshio Hachiro und Um… | |
TOKIO taz | In Japan zeichnet sich ab, dass der Anteil der Atomkraft an der | |
Stromversorgung bis 2030 um die Hälfte auf insgesamt 15 Prozent verringert | |
wird. Das würde zur aktuellen Regierungspolitik passen, die Laufzeit der | |
Atomreaktoren auf 40 Jahre zu begrenzen. Jedoch wehrt sich die Nuklearlobby | |
dagegen, dass der Staat offiziell aus der Atomkraft aussteigt. | |
Ein Beratergremium der Regierung hat vier Vorschläge für eine neue | |
Energiepolitik ausgearbeitet. Danach soll der Anteil der Atomkraft an der | |
Stromerzeugung im Jahr 2030 entweder bei null, 15 oder 20 bis 25 Prozent | |
liegen. Alternativ schlugen die 25 Experten vor, den Energiemix dem Markt | |
zu überlassen. | |
Parallel soll der Anteil der erneuerbaren Energien an der Stromversorgung | |
von elf Prozent im Jahr 2010 auf 25 bis 35 Prozent steigen. Ursprünglich | |
sollte der Anteil der Atomkraft von 26 Prozent 2010 durch den Bau von 14 | |
neuen AKWs bis 2030 auf 50 Prozent steigen. | |
Die Regierung will die Vorschläge nun beraten und nach Diskussionen mit den | |
Bürgern im August einen neuen Energiemix beschließen. Die Diskussion dürfte | |
stark davon beeinflusst werden, ob und in welchem Maß die Pazifiknation in | |
diesem Sommer nach der Abschaltung aller 50 Atomreaktoren unter Strommangel | |
leiden wird. | |
Am realistischsten erscheint eine Einigung auf 15 Prozent Atomstrom. Da ein | |
Neubau von Reaktoren nach der Katastrophe von Fukushima kaum durchsetzbar | |
ist, dürften die 50 verbliebenen Anlagen in den nächsten Jahrzehnten | |
schrittweise vom Netz gehen. Damit würde die Menge des erzeugten Atomstroms | |
automatisch abnehmen. | |
## Knapp 75 Prozent gegen Atomkraft | |
„15 Prozent kann eine Basis sein“, erklärte Umweltminister Goshi Hosono. | |
Der größte Wirtschaftsverband Keidanren steht angesichts von | |
Versorgungsproblemen und steigenden Preisen ebenfalls hinter einer | |
Beibehaltung der Atomkraft. Nach einer Umfrage der Nachrichtenagentur | |
Reuters sind aber fast drei Viertel der japanischen Firmen für einen | |
Ausstieg, solange es genügend alternative Stromquellen gibt. | |
Hinter den Kulissen wehrte sich das atomkraftfreundliche Ministerium für | |
Wirtschaft, Handel und Industrie, das die Berater auswählte und lenkte, | |
gegen die Festlegung eines Termins für den Atomausstieg. Die Experten | |
verzichteten denn auch auf ihren ursprünglichen Vorschlag, das Jahr 2050 | |
als Ausstiegstermin festzulegen. | |
Offenbar hofft die Atomlobby auf eine spätere Renaissance der Atomkraft. | |
Ihre weitere Nutzung soll die Wiederaufbereitungsanlage vor der | |
Verschrottung retten. Die über 20 Milliarden Euro teure Anlage im | |
nordjapanischen Rokkasho ist im Prinzip fertig. Nur die Versiegelung des | |
Atommülls durch Verschmelzung mit Glas funktioniert nicht richtig. Die | |
nächsten Tests finden im Herbst statt. | |
29 May 2012 | |
## AUTOREN | |
Martin Fritz | |
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