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# taz.de -- Energie in Japan: Halber Sieg für die Atomlobby
> Die ersten AKWs in Japan sollen wieder angefahren werden. Wenn auch
> vorerst nur „begrenzt“. Nämlich in den Sommermonaten, in denen mit
> Strommangel gerechnet wird.
Bild: Lehnt Umfragen zufolge den Neustart der 50 japanischen AKWs ab: Die Mehrh…
TOKIO taz | Die Zeit ohne Atomstrom in Japan geht schneller als erwartet zu
Ende. Noch in dieser Woche will Regierungschef Yoshihiko Noda den Neustart
von zwei Atommeilern anordnen. Zuvor hatten Regionalpolitiker der
Wiederinbetriebnahme der Reaktoren im Kraftwerkskomplex Oi in der Präfektur
Fukui zugestimmt. Allerdings verlangten sie, dass der Neustart „begrenzt“
werden müsse. Beobachter sprechen daher nur von einem halben Sieg der
Atomlobby.
Wegen der Auflage der Präfekturenvertreter wird Noda die Nutzung der
Atomkraftwerke zunächst wohl nur für die Sommermonate erlauben, in denen
mit Strommangel gerechnet wird. Das wäre ein geschickter Schachzug: Zum
einen ließen sich so die befürchteten Stromsperren vermeiden.
Zum anderen zieht sich Noda nicht den Zorn der Bevölkerungsmehrheit zu, die
Umfragen zufolge den Neustart der 50 japanischen AKWs ablehnt. Die Anlagen
waren nach und nach zur regulären Wartung abgeschaltet wurden, danach
verhinderten zeitaufwändige Stresstests und anhaltende Sicherheitsbedenken
der Anwohner ihre schnelle Wiederinbetriebnahme. Der letzte Meiler war am
5. Mai vom Netz gegangen.
Das Signal für die Kehrtwende hatte Toru Hashimoto gegeben, der
Bürgermeister von Japans drittgrößter Metropole Osaka. „Ich akzeptiere
effektiv einen Neustart“, erklärte der 42-Jährige vorige Woche, obwohl er
zuvor neue Sicherheitsvorschriften gefordert hatte. Nun erklärte Hashimoto
plötzlich, die Zeit der Prinzipienreiterei sei vorbei.
## Zuerst neue Atomaufsicht
Ohne Rückhalt durch den größten Atomkritiker gaben auch die übrigen
Vertreter der Präfekturen im Umkreis von 100 Kilometern um den Atomkomplex
Oi ihre Vorbehalte auf. Bei einem Treffen mit Atom- und Umweltminister
Goshi Hosono wurde ihnen versprochen, dass kein weiterer Reaktor ans Netz
gehe, bevor die neue Atomaufsicht gegründet sei.
Die Nachfolgebehörde für die umstrittene Agentur für nukleare und
industrielle Sicherheit (Nisa) wird nicht vor dem Herbst arbeitsfähig sein.
Bis dahin soll bereits ein Staatssekretär aus dem Wirtschaftsministerium
dauerhaft in die Atomanlage Oi versetzt werden, um deren Sicherheit zu
überwachen.
Nach Ansicht der Wirtschaftszeitung Nikkei hat Premierminister Noda den
Machtkampf mit den AKW-Anwohnern gewonnen, weil wirtschaftliche Sorgen
„ihre Anti-Atom-Haltung wegschmelzen“ ließen. Das Sagen hatten dabei wohl
vor allem die großen Unternehmen. Die Regierung hatte einen Erlass
angekündigt, dass alle Großverbraucher im Großraum Osaka zwischen Anfang
Juli und Ende August ihren Stromkonsum um 15 Prozent reduzieren müssten.
Der Versorger Kansai Electric Power wollte deshalb selbst für die
Innenstadt Blackouts nicht mehr ausschließen. Beim größten Arbeitgeber der
Region, dem Elektronikkonzern Panasonic, und anderen Firmen drohten damit
angeblich Einschränkungen der Produktion.
Für solche Folgen wollten Hashimoto und seine Verbündeten nicht die
Verantwortung übernehmen. Denn durch die Nutzung der zwei Reaktoren in Oi
lässt sich die Stromlücke praktisch komplett schließen. Das hatte die
Regierung bereits Anfang Mai demonstrativ vorgerechnet und damit den
stärkeren Hebel in der Hand behalten.
3 Jun 2012
## AUTOREN
Martin Fritz
## TAGS
Schwerpunkt Atomkraft
Schwerpunkt Atomkraft
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