# taz.de -- Rechtsextreme in Polen und der Ukraine: White Pride Worldwide im St… | |
> In England sorgt man sich um die Sicherheit der Fans bei der EM. Schwarze | |
> Nationalspieler warnen Fans vor einem Besuch des Tuniers. Gastgeber und | |
> Uefa reden das Problem klein. | |
Bild: Der ehemalige Nationalspieler Sol Campbell rät: „Bleiben Sie zu Hause … | |
BERLIN taz | Deutsche Politiker diskutieren, ob sie ein Zeichen für die | |
Menschenrechte setzen, wenn sie die Fußball-EM in die Ukraine boykottieren. | |
Derweil wird in England eine Debatte über die Frage geführt, ob ein Trip | |
gen Osten für Fans mit afroamerikanischen oder asiatischen Wurzeln nicht zu | |
gefährlich ist. | |
Ausgelöst wurde die Diskussion über Rassismus im ukrainischen und | |
polnischen Fußball durch die BBC-Doku „Stadien des Hasses“. Sie zeigt | |
Bilder aus dem Ligaalltag: faschistische Symbole in den Kurven, | |
antisemitische Beschimpfungen der Gegner und Angriffe gegen asiatische | |
Zuschauer. | |
Für Aufsehen haben zudem die Bekenntnisse der Familien der beiden schwarzen | |
englischen Nationalspieler Theo Walcott und Alex Oxlade-Chamberlain | |
gesorgt, die aus Angst vor rassistischen Übergriffen nicht zu dem Turnier | |
reisen werden. Im Film appelliert der ehemalige Nationalspieler Sol | |
Campbell an die englischen Fans: „Bleiben Sie zu Hause, sehen Sie sich die | |
Spiele im Fernsehen an. Riskieren Sie nichts, sonst könnten Sie am Ende in | |
einem Sarg zurückkommen.“ | |
Die Mehrheit der sonst so reisefreudigen Three-Lions-Anhänger hat bereits | |
reagiert und verweigert sich einer Reise in die Ukraine. Für die drei | |
Vorrundenspiele in Donezk und Kiew hat der englische Fußballverband | |
lediglich 7.000 von 21.000 Tickets abgesetzt. | |
## Ernstzunehmende Warnungen | |
Ein Blick in die Stadien der Gastgeberländer zeigt, dass die Warnungen | |
alles andere als Panikmache sind. Denn die Fanszenen aller großen Vereine | |
in den acht Austragungsstädten sind von Neonazis durchsetzt oder werden von | |
ihnen dominiert. Neben Affengeräuschen und diffamierenden Gesängen finden | |
sich allein aus der vergangenen Saison unzählige sichtbare Beispiele für | |
die rechtsextreme Einstellung des harten Kerns der Fans von Charkow bis | |
Warschau. | |
In Kiew posieren Fans mitten im Dynamo-Fanblock mit einer „White Pride | |
Worldwide“-Fahne, bei Karpaty Lwiw zeigt man sich solidarisch mit dem | |
inhaftierten italienischem Neofaschisten Alberto Palladino, genannt | |
„Zippo“, und die Fans von Metalist Charkow posieren mit Schals oder sprayen | |
Graffiti, die sich rechter Zahlencodes bedienen. | |
Mindestens so virulent ist die Problematik in Polen. Für einen Großteil der | |
Fanszenen gehört die ständige Positionierung am rechten Rand unabdingbar | |
zur Identität als Fußballfan. Während sich verfeindete Hooligans regelmäßig | |
erbitterte Schlachten liefern, teilt man sich im Stadien die Insignien. | |
Neuester Schrei sind Transparente mit durchgestrichenem | |
Che-Guevara-Konterfei sowie Hammer-und-Sichel-Symbole. | |
## „Good Night Left Side“-Aufkleber | |
Doch nicht nur der Antikommunismus ist up to date. Beim Kurven-Vorsänger | |
von Lech Poznan klebt ein „Good Night Left Side“-Aufkleber auf dem Megafon, | |
beim polnischen Meister Slask Wroclaw huldigt man mit tribünengroßen | |
Choreografien dem polnischen Nationalismus, und bei Legia Warschau sammelt | |
sich eine ganze Kurve hinter dem Banner „White Legion“, das zur | |
weltanschaulichen Verdeutlichung auch gern mit dem faschistischen | |
Wolfsangel-Symbol verziert wird. | |
Solche Bilder sind von der EM nicht zu erwarten, doch außerhalb der Stadien | |
könnte es für Fans gefährlich werden. Aber davon will man in der Ukraine | |
nichts wissen, wie die Reaktion von Oleg Woloschin, Sprecher des | |
Außenministeriums, auf die Dokumentation zeigt: „Ein unglaublicher Bericht, | |
verfasst in der besten Tradition sowjetischen Propagandajournalismus. Die | |
Ukraine ist eine der führenden Nationen in Europa, wenn es um religiöse und | |
ethische Toleranz geht.“ | |
Uefa-Chef Michel Platini stimmt in die Verharmlosung ein, wenn er sagt: | |
„Ich hoffe, die Fans werden sich benehmen, aber wir werden sehen. Probleme | |
gibt es bei jedem Turnier.“ | |
Es bleibt das Prinzip Hoffnung, dass sich die Befürchtungen nicht | |
bewahrheiten. Sol Campbell hätte sich indes gewünscht, die Uefa hätte den | |
Bewerberländern von vornherein gesagt: „Solange es keine massive | |
Verbesserung der Zustände gibt, verdienst du es nicht, solch | |
prestigeträchtige Turniere auszutragen.“ (mit dapd) | |
31 May 2012 | |
## AUTOREN | |
Erik Peter | |
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