# taz.de -- Kommentar Drohnenkrieg: So viel Macht sollte niemand haben | |
> Barack Obama entscheidet am Schreibtisch über Leben und Tod anderer – und | |
> das ohne Gerichtsverhandlung. Kein Mensch sollte soviel Macht haben, auch | |
> ein US-Päsident nicht. | |
Nein, wie ein Friedensnobelpreisträger verhält sich US-Präsident Barack | |
Obama wirklich nicht. Die jüngsten Drohnenangriffe der USA auf | |
pakistanischem Territorium zeigen mehr Kontinuität zur Politik seines | |
Vorgängers George W. Bush, als sich Obama-WählerInnen und Nobelpreiskomitee | |
2009 hätten träumen lassen. | |
Barack Obama ist dabei, die großen Militäreinsätze der Bush-Ära in Irak und | |
Afghanistan zu beenden – sie würden vermutlich auch zu Ende gehen, hätte | |
ein Republikaner weiterregiert. Der grundsätzliche Ansatz der US-Regierung | |
im „Krieg gegen den Terror“ jedoch ist der gleiche geblieben: Erlaubt ist, | |
was effektiv ist, auch wenn damit weit in rechtliche Grauzonen vorgestoßen | |
wird. Nur: Obama macht das intelligenter als sein Vorgänger. | |
Völkerrechtler bestreiten nicht, dass in Kriegssituationen die gezielte | |
Tötung von Feinden auch außerhalb einer unmittelbaren Kampfsituation | |
erlaubt sein kann. | |
Um diese Regel aber auf Abu Jahia al-Libi, die mutmaßlich am Montag | |
getötete Nummer zwei von al-Qaida, anzuwenden, muss man zunächst die von | |
Bush aufgestellte Prämisse akzeptieren, die USA und al-Qaida befänden sich | |
im Krieg. | |
Al-Qaida, die zumindest als zentralisierte Organisation in den letzten | |
Jahren deutlich an Bedeutung und Einfluss verloren hat und eher zu einer | |
Ansammlung verstreuter Zellen und einzelner Organisationen mutiert ist, | |
wird es freuen, so aufgewertet zu werden. | |
Im völkerrechtlichen Sinne allerdings spricht wenig dafür, dass das Wort | |
„Krieg“ die derzeitige Lage richtig beschreibt. Sicher, Drohnenangriffe, | |
denen womöglich eine genaue Zielbestimmung und -markierung vorausgegangen | |
ist, haben eine größere Chance, ihr tatsächliches Ziel zu treffen und | |
Zivilisten zu schonen, als Flächenbombardements auf Nord-Wasiristan mit | |
B-52-Bombern. | |
Aber: Die technische Möglichkeit, ohne Risiko für das eigene | |
Militärpersonal irgendwo auf der Welt nach Belieben zuschlagen zu können, | |
senkt offenbar auch die Hürden, von diesem Mittel umfassend Gebrauch zu | |
machen. | |
Selbst wenn man Präsident Obama blind vertrauen würde: Die Macht, ohne | |
Gerichtsverfahren vom Bürostuhl aus über Leben und Tod anderer zu | |
entscheiden, sollte niemand haben. Wenn al-Libi tatsächlich tot sein sollte | |
und Obama sich in den USA wieder einmal als erfolgreicher Terrorjäger | |
feiern lässt, hat das mehr als einen schalen Beigeschmack. | |
5 Jun 2012 | |
## AUTOREN | |
Bernd Pickert | |
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