# taz.de -- Syrischer Oppositioneller über Assad: „Es droht das somalische S… | |
> Walid al-Bunni ist ein Kritiker des Regimes in Syrien. Er sieht kaum eine | |
> andere Möglichkeit als eine ausländische Intervention: „Assad lässt uns | |
> keine Wahl.“ | |
Bild: Demonstrieren gegen das Assad-Regime: Oppositionelle in Syrien. | |
KAIRO taz | Wenn Walid al-Bunni von der syrischen Opposition redet, dann | |
weiß er, wovon er spricht: Insgesamt acht Jahre hat der syrische Liberale, | |
der jetzt in Ägypten lebt, in syrischen Gefängnissen zugebracht. Das erste | |
Mal wurde er während des Damaszener Frühlings im Jahr 2000 festgenommen. | |
Damals, als der junge Präsident Baschar al-Assad an die Macht kam, sprachen | |
syrische Intellektuelle hoffnungsvoll in politischen Salons vom Aufbruch in | |
eine bessere Zukunft. | |
Kaum war al-Bunni wieder frei, wurde er erneut für mehr als zwei Jahre | |
weggesperrt, weil er mutig die „Damaszener Erklärung“ unterzeichnet hatte, | |
die politische Reformen forderte. Nach seinem letzten Gefängnisaufenthalt | |
hat er das Land vor wenigen Monaten verlassen. | |
Da hatte sich draußen schon der Syrische Nationalrat gegründet, ein | |
Oppositionsbündnis unterschiedlicher Gruppen, um den den Aufstand gegen | |
Assad zu koordinieren. Al-Bunni machte zunächst mit, trat aber kürzlich mit | |
anderen prominenten liberalen Regimegegnern wieder aus. | |
## „Politische Wüste“ | |
Den Zustand der Opposition beurteilt er pessimistisch: „Seit 50 Jahren ist | |
Syrien eine politische Wüste. Das hat dazu geführt, dass es dort keine | |
richtigen Politiker gibt. Politik war etwas Verbotenes. Und heute können | |
wir als Opposition nicht auf die Schnelle Wunder bewirken.“ | |
Vom Nationalrat, der nach dem Vorbild der siegreichen libyschen | |
Aufständischen von 2011 entstanden war, hält al-Bunni wenig. „Der Rat wird | |
klar von Islamisten und Muslimbrüdern dominiert. Das spiegelt nicht die | |
wahren Kräfteverhältnisse in Syrien wider. Das liegt einfach daran, wie der | |
Rat entstanden ist. Das muss sich ändern“, sagt er. | |
Besonders groß sei der Einfluss der Muslimbrüder dort, wo es um Geld geht. | |
Auch sei der Nationalrat in seinen Entscheidungen viel zu bürokratisch. | |
„Alles muss im Konsens entschieden werden, das ist ein Problem. Es dauert | |
einfach zu lange, bis sich alle auf eine Entscheidung einigen. Und dabei | |
wird wertvolle Zeit verloren, die man in einer Revolution einfach nicht | |
hat“. | |
Das ist seiner Meinung nach einer der Gründe, warum die Freie Syrische | |
Armee außerhalb jeglicher politischen Kontrolle agiere. Al-Bunni schlägt | |
vor, dass der Nationalrat alle syrischen Oppositionellen mit an Bord nimmt | |
und sich demokratisiert. | |
„Der Nationalrat muss sich völlig neu aufstellen. Er muss eine | |
Schirmorganisation der gesamten syrischen Opposition werden.“ Sonst müsse | |
man einen solchen Dachverband eben außerhalb des Nationalrats gründen. | |
## Wenn das Kind stirbt | |
Al-Bunni hat eine eindeutige Position, was eine ausländische Intervention | |
angeht. „Wenn dein Kind krank ist“, sagt er, „dann gehst du erst in die | |
Apotheke und kaufst ein billiges, leichtes Heilmittel. Dann gehst du zu den | |
Ärzten, und die Rechnung wird höher. Wenn es dann nicht geheilt wird und | |
langsam stirbt, dann verkaufst du dein Haus und schickst es in das teuerste | |
Krankenhaus.“ | |
Genau das treffe auf Syrien zu. Der Preis für eine Intervention sei hoch, | |
aber sie sei kaum mehr zu verhindern. „Wir wünschen uns das nicht herbei, | |
wenn es noch einen anderen Ausweg gibt. Aber ich glaube, Assad lässt weder | |
uns Syrern noch der internationalen Gemeinschaft eine Wahl. Es bleibt nur | |
noch das Kapitel 7 der UN-Charta, und das bedeutet eine militärische | |
ausländische Intervention.“ | |
Ohne Eingreifen von außen, glaubt al-Bunni, droht ein Bürgerkrieg: „Wenn es | |
in Syrien so weitergeht, dann droht dem Land nicht das irakische, sondern | |
das somalische Szenario.“ Das heißt: ohne jegliche Ordnungsmacht, weil des | |
dann noch nicht einmal wie im Irak die US-Besatzungstruppen geben wird. | |
Aber al-Bunni glaubt nicht, dass die internationale Gemeinschaft und die | |
Regionalmächte es so weit kommen lassen. Dazu sei Syrien mit seiner | |
Nachbarschaft zu Israel und den Regimeverbindungen zum Iran strategisch zu | |
wichtig. | |
8 Jun 2012 | |
## AUTOREN | |
Karim Gawhary | |
Karim El-Gawhary | |
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