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# taz.de -- Kommentar Syrien: Wo beginnt der Bürgerkrieg?
> Während die internationale Gemeinschaft noch berät, ob es sich in Syrien
> um einen Bürgerkrieg handelt, wird der dort aktiv voran getrieben.
Wo fängt einen Bürgerkrieg genau an? Eine Frage, die sich jetzt wieder in
Syrien stellt. Wann kann man einen bewaffneten Konflikt als einen internen
zwischen Nachbarn definieren.
Noch vor wenigen Jahren berichteten wir von einem Irak, der in einen
Bürgerkrieg schlittere, der kurz davor oder am Vorabend desselben stünde.
Die westlichen Medien wollten dem Irak damals einfach nicht den Stempel des
Bürgerkriegs aufdrücken. Ihre ausländischen Armeen im Lande, allen voran
die US-Armee, hätte das diskreditiert, weil sie einen solchen als
Besatzungstruppen nicht verhindern konnten. Bei den arabischen Medien
passte der Bürgerkrieg im Irak auch lange nicht ins Bild des heroischen
Widerstands gegen die US-Besatzung.
Als am Ende dann alle doch vom Bürgerkrieg sprachen, war der praktisch
schon vorbei. Ganze Viertel oder Landstriche waren je nach lokalen
Kräfteverhältnissen von Sunniten oder Schiiten gesäubert worden, die in
sicherere „eigene“ Gebiete geflüchtet waren. Die Antwort der US-Armee war
damals, um Bagdads Viertel zum Schutz vor den Nachbarn hohe Betonmauern zu
ziehen und ihre eigenen Rückzugspläne zu schmieden.
In Syrien beginnt das Spiel wieder von vorne. Der UN-Gesandte in Sachen
Syrien, Kofi Annan, spricht vor der UN-Vollversammlung von einem “drohenden
Bürgerkrieg, wenn Syrien auf diesem Weg weitergeht”. UN-Generalsekretär Ban
Ki-moon redet ebenfalls von “der immanenten Gefahr eines Bürgerkrieges mit
katastrophalen Folgen für Syrien und die Region“.
Es beginnt wieder, das „schlittern in ….“ und „wir stehen Vorband eines…
Aber das Massaker von Houla trägt bereits alle Spuren eines Bürgerkrieges.
Alawitische Milizen aus dem Nachbardorf schlachteten ohne Gnade in Houla
Kinder, Frauen und Männer ab, unter den Augen der syrischen Armee, die das
Dorf zuvor zurecht gebombt hatte.
Das neuste Massaker in Mazraat al-Qubair, dessen genaue Umstände noch nicht
geklärt sind, deutet in dieselbe Richtung. Und es wird nicht lange dauern,
da werden wir von einem Massaker auf der anderen Seite hören, wenn sich die
sunnitischen Nachbarn als Rache auf ein alawitisches Dorf stürzen.
Baschar Assad hat offensichtlich eine Rechnung aufgemacht: statt einem
Kampf zwischen Aufständischen und dem Regime, reißt er nun das ganze Land
in einen Bürgerkrieg.
Das Ziel ist klar: die Lage so zu verkomplizieren, dass sich keine
ausländische Macht mehr traut in Syrien zu intervenieren, nicht zuletzt
auch mit der irakischen Erfahrung im Kopf. Und natürlich, um international
die Grenzen verschwimmen zu lassen, von Aufständischen, die vor einem
repressiven Regime gerettet werden müssen, zu einer vollkommen
unübersichtlichen Lage, von der man besser die Finger lässt. Und die
Medienkonsumenten weltweit werden schon bald den Schluss ziehen: „lasst sie
sich gegenseitig die Köpfe einschlagen“ und uns wieder anderen Dingen
zuwenden.
Die Rechnung des Regimes könnte also aufgehen. Dabei spielt es aber auch
selbst mit dem Feuer. Assad wäre vorerst gerettet und hätte Zeit gewonnen.
Doch das Regime hätte damit ein neues Problem: Denn es hat aktiv eine
Situation entstehen lassen, die sie am Ende selbst nicht mehr kontrollieren
wird.
8 Jun 2012
## AUTOREN
Karim Gawhary
Karim El-Gawhary
## TAGS
Schwerpunkt Syrien
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