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# taz.de -- Krieg und Frieden: Scharfe Debatte gegen Rüstung
> Nun hat auch die Hochschule eine "Zivilklausel". Das ist eine
> Selbstverpflichtung - das einzige Druckmittel gegen Rüstungsforschung ist
> die öffentliche Diskussion.
Bild: Es gibt Drohnen, die nur noch von zivilem Interesse sind.
Einstimmig hat der Akademische Senat der Hochschule Bremen eine
„Zivilklausel“ beschlossen. Der Kernsatz darin heißt: „Der Akademische
Senat lehnt die Beteiligung von Wissenschaft und Forschung an Projekten mit
militärischer Nutzung bzw. Zielsetzung ab und fordert die Mitglieder der
Hochschule auf, derartige Forschungsthemen und -mittel abzulehnen.“ Ähnlich
wie bei der Klausel der Universität lassen solche Sätze offen, was
passiert, wenn sich Mitglieder der Hochschule nicht daran halten oder
Projekte als „zivil“ deklarieren, die von rüstungsorientierten Firmen
finanziert werden. „Werden Forschungsvorhaben bekannt, deren Ergebnisse das
friedliche Zusammenleben der Menschen bedrohen können, werden diese im
Akademischen Senat hochschulöffentlich diskutiert“, heißt es in dem
Beschluss der Hochschule.
Mehr als diese „Selbstverpflichtung“ könne man nicht verlangen, sagt dazu
der Sprecher der Hochschule, Ulrich Berlin. Das Grundrecht auf
Wissenschaftsfreiheit verbiete alle Instrumente, eine solche Zivilklausel
strikt durchzusetzen. Und wer überzeugen wolle, der dürfe nicht die
diskreditieren, die die Ansicht vertreten, dass auch die Bundeswehr
letztlich dem Frieden dient.
Ursprünglich war ein Beschluss-Text in der Hochschule erarbeitet worden,
der die Selbstverpflichtung stärker gemacht hätte: Bei der Beantragung von
Forschungsmitteln solle von den AntragstellerInnen „eine schriftliche
Erklärung“ abverlangt werden, hieß es da, in der der Satz stehen sollte:
„Die angestrebten Forschungsergebnisse dienen ausschließlich zivilen
Zwecken.“ Dieser Passus ist aus der Erklärung aber gestrichen worden.
Immerhin: Die Anzeige des Rüstungskonzerns Rheinmetall soll in dem
Studienführer und in dem Erstsemesterinfo in Zukunft nicht mehr erscheinen,
versicherte Hochschul-Sprecher Berlin.
Um den betroffenen Hochschullehrern und Fachbereichen nicht zu
nahezutreten, hatte auch der Rektor der Universität auf nähere öffentliche
Darstellung der Projekte, um die es geht, verzichtet. An der Universität
Bremen ist in den vergangenen Jahren rund eine halbe Million Euro in
rüstungsnahe Forschungsprojekte geflossen, berichtete der Rektor dem
Wissenschaftsausschuss am Mittwoch. Diese Summe sei aber angesichts einer
Forschungssumme von insgesamt 700 Millionen Euro so gering, dass an der
Universität im Grunde keine Forschung für die Rüstungsindustrie gemacht
werde. Müller räumte aber ein, dass die von ihm benannten Projekte gegen
die Zivilklausel der Universität verstoßen haben.
In Bezug auf die Hochschule hat der Bremer Senat in seiner Antwort auf eine
Anfrage der Linken erklärt, das Wort „Drohne“ bei der Dokumentation des
Projektes Argus (2006-2008) beruhe auf einem Missverständnis: „Der Begriff
Drohne wurde für unbemannte Flugobjekte verwendet. Tatsächlich war aber ein
Modellflugzeug Gegenstand des studentischen Projekts.“ Wenn man auf die
Internet-Seite zu Argus der Hochschule Bremen guckt, hat man den Eindruck,
dass dieses Dementi schlicht gelogen ist: Da setzt ein U-Boot ein
Unterwasser-Container für den Wasserstart einer Drohne aus. Sinn macht das
nur, wenn es darauf ankommt, dass der Start der Drohne nicht den Standort
des U-Bootes verrät. Die „Ermittlung der taktischen Lage auf See“ sei das
Ziel des Drohnen-Einsatzes, heißt es da, und: Der „Einsatz über Land zum
Katastrophenschutz, Umweltmonitoring und Aufklärung von Bahntrassen“ sei
„ebenfalls vorgesehen, wobei das Starten aus dem Container entfällt“. Für
den zivilen Einsatz bietet der Hochschul-Kooperationspartner „Rheinmetall
Defence Electronics“ allerdings gar keine Drohnen an.
14 Jun 2012
## AUTOREN
Klaus Wolschner
Klaus Wolschner
## TAGS
Rüstungsindustrie
Kalaschnikow
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