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# taz.de -- Neuer Prof mit OHB-Finanzierung: "Überhaupt kein Einfluss"
> Claus Braxmaier, neuer Professor für Raumfahrttechnologie an der Uni,
> wird vom OHB-Konzern finanziert - und ist trotzdem gegen
> Rüstungsforschung.
Bild: Wird Professor für Raumfahrttechnologie: Claus Braxmaier.
Mit der Rüstungsindustrie – nein, mit der habe er noch nie was zu tun
gehabt, sagt Claus Braxmaier. Mit der wolle er auch nie was zu tun haben.
Dass der Satellitenbauer OHB zusammen mit dem Deutschen Zentrum für Luft-
und Raumfahrt zehn Jahre lang seine neue Professur für Raumfahrttechnologie
mitfinanziert, findet der 45-Jährige trotzdem „unproblematisch“.
Um den Lehrstuhl hatte es im Vorfeld heftige Debatten gegeben, schließlich
hat die Uni seit 1986 eine Zivilklausel. Und OHB, dessen Gründer Manfred
und Christa Fuchs „Ehrenbürger“ der Uni sind, baute unter anderem das von
der Bundeswehr genutzte Aufklärungs- und Spionagesystem SAR-Lupe. Die
Bundeswehr ist für OHB ein wichtiger Kunde. Man habe „militärische
Auftraggeber“, sei aber „kein Rüstungsunternehmen“, sagt OHB immer wiede…
KritikerInnen sehen das freilich anders, seit Langem schon. Kürzlich wurde
zudem bekannt, dass die Uni jahrelang zusammen mit OHB im Auftrag des
Verteidigungsministeriums geforscht – und damit offenbar gegen die
Zivilklausel verstoßen – hat. Bei dem Projekt ging es um die schnelle
Übermittlung großer Datenmengen aus Flugzeugen – darum, wie etwa Bilder aus
der Luftaufklärung an den Boden gesandt werden.
Nun zahlt der Technologiekonzern zehn Jahre lang jeweils 165.000 Euro, um
den Lehrstuhl Braxmaiers zu finanzieren, der seit 2005 Professor an der
Hochschule Konstanz war. OHB werde „überhaupt keinen Einfluss“ auf seine
Arbeit nehmen, sagt der Physiker und Feinwerktechniker – „das ist völlig
klar“.
Die besteht bislang vor allem darin, hochauflösende und besonders exakte
Messtechnik zu entwickeln. Hernach dient sie unter anderen dazu, Einsteins
Relativitätstheorie zu bestätigen. Wie die wirkt, kann Braxmaier auch dem
Laien halbwegs verständlich erklären, mit Hilfe eines Luftballons, auf den
man ein Koordinatensystem malt. Oder mit einem Apfel, den man aus dem
fahrenden Auto wirft.
Gleichwohl ist er einer, der aus der wissenschaftlichen Raumfahrt kommt.
Mehrere Jahre lang arbeitete Braxmaier in der Satellitensparte von EADS
Astrium, eine Firma, mit der er auch in Bremen zusammenarbeiten will. Weil:
„Ohne die Industrie kommt keine größere Satelliten-Mission zustande.“
Ob seine wissenschaftliche Arbeit für die Rüstungsindustrie interessant
sein könnte? „Da bin ich überfragt“, sagt Braxmaier, der einst Zivildienst
machte, statt zum Bund zu gehen. „Derzeit sehe ich das nicht, aber völlig
ausschließen kann man das für die Zukunft leider nicht.“ Die Zivilklausel
übrigens findet Braxmaier „generell wichtig“. Er sei aber kein
„Zivilklausel-Experte“.
Aus Sicht des bisherigen Uni-Rektors Wilfried Müller ist die nun besetzte
und am Fallturm-Institut Zarm angesiedelte Professur „so sehr
Grundlagenforschung“, dass die Wahrscheinlichkeit einer militärischen
Nutzung „so gering“ sei wie bei kaum einer anderen. AStA und Arbeitskreis
Zivilklausel lehnen die Stiftungsprofessur gleichwohl ab und fordern, sie
aus dem regulären Uni-Haushalt zu finanzieren. Außerdem fordern sie ein
Kontrollgremium zur Wahrung der zivilen Forschung und Lehre.
4 Sep 2012
## AUTOREN
Jan Zier
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