# taz.de -- Überwachung mit Drohnen: Versteckte Kamera | |
> Nach Militär und Polizei schicken nun auch Firmen und Privatleute immer | |
> häufiger mit Kameras bestückte Flugdrohnen in die Luft. Datenschützer | |
> sorgt das. | |
Bild: Strand Südsee-Paradies in Essen – unauffällig von oben. | |
BERLIN taz | Sogar der Predator wird nach Deutschland kommen. Jene acht | |
Meter lange, ferngesteuerte Drohne der Firma General Atomics, mit der die | |
USA in Pakistan auf Terroristenjagd gehen, sollen sich die Besucher der | |
Internationalen Luft- und Raumfahrtausstellung ILA im September in Berlin | |
aus nächster Nähe anschauen können. Zum ersten Mal wird es dort einen | |
eigenen Messebereich für unbemannte Luftfahrtsysteme geben, wie die Drohnen | |
im Expertensprech heißen. | |
Und die sind längst nicht mehr nur für das Militär interessant. Die Polizei | |
in Sachsen hat schon mit Kameras bestückte Drohnen bei Fußballspielen in | |
die Luft geschickt, die in Niedersachsen bei Protesten gegen den | |
Castor-Transport. | |
Die Bundespolizei hat insgesamt vier Drohnen im Einsatz, um Grenzen und | |
Gleisanlagen zu überwachen oder versteckte Hanfplantagen aufzuspüren. Und | |
die Rettungsstaffel der Thüringer Feuerwehr hat sich unlängst die kleine | |
achtrotorige Flugdrohne Falcon 8 angeschafft, um besser nach vermissten | |
Personen suchen zu können. Andere ferngesteuerte Flieger sollen im | |
Freistaat Waldschäden aus der Luft erfassen. | |
## 500 Anträge für privaten Drohneneinsatz | |
Immer häufiger wollen aber auch private Firmen Drohnen einsetzen, etwa um | |
Luftbilder zu schießen, Karten zu erstellen oder weitläufige Solarparks, | |
Industrieanlagen, Gasleitungen oder Großbaustellen zu überwachen. Je nach | |
Kamera können die vom Boden aus gesteuerten Flugroboter auch aus hunderten | |
Metern noch gestochen scharfe Bilder oder Videos aufnehmen. Schon für unter | |
20.000 Euro gibt es Profigeräte für jedermann. | |
500 Anträge, Drohnen einzusetzen, seien in den letzten beiden Jahren von | |
Firmen, Unis oder Privatpersonen schon gestellt und die meisten davon auch | |
genehmigt worden, heißt es in einem unveröffentlichten Bericht des | |
Bundesverkehrsministeriums, der der taz vorliegt. In Zukunft könnten es | |
noch deutlich mehr werden. | |
Seit Mai stehen die unbemannten Flieger erstmals explizit im deutschen | |
Luftfahrtgesetz. Im Sommer wollen Bund und Länder nun noch „gemeinsame | |
Grundsätze“ veröffentlichen, die für Drohnenflüge gelten sollen. | |
„Angesichts der in den letzten Jahren erfolgten weitreichenden technischen | |
Entwicklung“, heißt es in dem Bericht des Verkehrsministeriums, „erscheint | |
es in naher Zukunft nicht mehr ausgeschlossen, dass bemannte und unbemannte | |
Luftfahrtgeräte gleichberechtigt am Luftverkehr teilnehmen.“ | |
## Keine verdeckte Videoüberwachung | |
Eine Entwicklung, die der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar mit | |
Skepsis beobachtet. „Mit Kameras bestückte Drohnen können für vielerlei | |
Zwecke eingesetzt werden“, sagt er. „Nicht in jedem Fall ist das ein | |
Datenschutzproblem, aber dort, wo Menschen gefilmt werden, ist es eines.“ | |
In seinen Augen müssten Gebiete, in denen ein solches fliegende Auge | |
unterwegs ist, auf jeden Fall mit Warnhinweisen ausgeschildert werden. | |
„Eine verdeckte Videoüberwachung im öffentlichen Raum darf es nicht geben.�… | |
Sorgen macht man sich auch bei der Opposition im Bundestag. Der | |
Datenschutzexperte der Linksfraktion, Jan Korte, ist überzeugt, „dass dies | |
erst der Anfang einer kommerziellen privaten Nutzung dieser Technologie | |
ist. Je billiger die Technik werden wird, desto massenhafter wird sie | |
angewendet werden.“ Das Risiko, ausgespäht zu werden, steige dadurch. Auch | |
dem Grünen-Innenexperten Wolfgang Wieland ist nicht wohl bei der Sache. | |
„Das ist eine neue Bedrohung für die Privatsphäre“, sagt er. | |
Selbst innerhalb der Bundesregierung scheint man sich nicht einig zu sein, | |
ob man die neue Entwicklung als Chance für den Industriestandort | |
Deutschland sieht – oder als Risiko für die Bürger. Während das | |
Verkehrsministerium in seinem Bericht von „großen kommerziellen | |
Möglichkeiten“ für deutsche Drohnenhersteller wie AirRobot, EMT, | |
Microdrones, Diehl oder Rheinmetall spricht, warnt das Innenministerium vor | |
Missbrauch („zum Beispiel: Anschläge, Ausspionieren“). | |
Noch deutlicher wird das Verbraucherschutzministerium. Neben möglicher | |
Sicherheitsgefahren durch die ferngesteuerten Fluggeräte stelle sich | |
„besonders die Frage nach dem Schutz der Privatsphäre“, schreibt das | |
Ministerium von Ilse Aigner (CSU). Es bestehe ein „Missbrauchspotenzial“, | |
dass „Aufnahmen von Privatbereichen“ erstellt würden, etwa bei einem | |
„Kameraausflug in Nachbars weitläufigen Garten“. | |
Der oberste deutsche Datenschützer Peter Schaar hält Horrorszenarien wie | |
per Drohne ermittelnde Privatdetektive oder ins Schlafzimmer spannende | |
Nachbarn nicht für abwegig. Damit würde man sich zwar strafbar machen, aber | |
bei kleinen, lautlosen Drohnen merke der Betroffene ja nicht, dass er | |
gefilmt werde. „Drohnen werden für relativ niedrige Preise für jedermann | |
bald zu haben sein“, sagt Schaar. „Hier entsteht eine neue Dimension von | |
Überwachung.“ | |
20 Jun 2012 | |
## AUTOREN | |
Wolf Schmidt | |
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