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# taz.de -- Kommentar Wahl Ägypten: Präsident Mursi in der Zwickmühle
> Das System Mubarak wurde in Form seines letzten Premiers Ahmad Schafik
> knapp abgewählt. Doch das Amt des Präsidenten wurde von der
> Militärführung ausgehöhlt.
Das alte System Mubarak in Form seines letzten Premiers Ahmad Schafik wurde
knapp abgewählt. Aber dem ägyptischen Wahlsieger, dem Muslimbruder Mohammed
Mursi, dürfte schnell die Feierlaune vergehen.
Die Militärführung hat es sich durch die von ihr geschaffene
Übergangsverfassung bequem eingerichtet. Sie hat das Amt des nominellen
Staatschefs bereits so ausgehöhlt, dass die Fäden weiterhin vom obersten
Militärrat und nicht vom Präsidenten gezogen werden. Und das Militär
besitzt mit der Auflösung des Parlaments die Macht, Gesetze zu schreiben.
Abgesehen davon, dass entscheidende Teile des Staatsapparats wie das
Verteidigungs- und Innenministerium de facto der Armee unterstehen.
Es wird für die Generäle also ein Leichtes, den Präsidenten am
ausgestreckten Arm verhungern zu lassen. Das aber kann Mursi sich, gerade
in der politisch polarisierten Lage des Landes, nicht leisten. Die Ägypter
erwarten von einem Präsidenten, dass er Lösungen in der sozialen Frage
findet, die Wirtschaft voranbringt und für Ordnung und Sicherheit sorgt.
Allein Letzteres dürfte ohne die Kooperation der Militärs und des
Innenministeriums unmöglich sein. Tritt Mursi also zu den Bedingungen der
Armee sein Amt an und kann danach keine politischen und wirtschaftlichen
Fortschritte vorweisen, wird er ganz schnell zum Buhmann der Nation werden.
Wehrt er sich und geht auf Konfrontationskurs mit der Armee, dann droht die
Lage in Ägypten vollends außer Kontrolle zu geraten.
Es gibt für Ägypten mit dem Wahlsieg der Muslimbrüder zwei Szenarien. Das
pakistanische: die Zusammenarbeit zwischen Militärs und Islamisten. Oder
das algerische: eine Konfrontation zwischen Militärs und Islamisten, die
Letztere nicht gewinnen können. Beide Szenarien sind für das Land am Nil
denkbar schlecht.
Mursi steckt also in der Zwickmühle oder auf Neuhochdeutsch: in einer
klassischen „No-win-Situation“. Alles deutet darauf hin, dass er versuchen
wird, die Militärs nicht direkt vor den Kopf zu stoßen und gleichzeitig ein
Bündnis gegen die Militärs mit anderen politischen Gruppierungen zu
schmieden, die er in seine erste Regierung einbindet. Das würde den
langsame Ausweg aus seiner Misere vorbereiten.
Der Muslimbruder braucht die anderen politischen Strömungen von liberal bis
links, und das ist die beste Garantie gegen islamistische
Staatsexperimente. Und diejenigen, die sich die Hände über das baldige
Scheitern der Muslimbrüder reiben und hoffen, dass das Militär ein
liberales Ägypten errichten werde, die sollten zweimal nachdenken. Die
Militärs machen sich als Institution, die nicht an den Urnen zur
Rechenschaft gezogen wird, endgültig unantastbar. Mursi kann dagegen
spätestens in vier Jahren wieder abgewählt werden.
24 Jun 2012
## AUTOREN
Karim Gawhary
Karim El-Gawhary
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