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# taz.de -- Griechischer Sparkurs in der Krise: Athener Verhandlungsversuche
> Der erste Kraftakt für die neue griechische Regierung steht an. Kann sie
> der Troika Nachbesserungen am Sparkurs abhandeln oder enttäuscht sie die
> Wähler?
Bild: Will den laufenden Sparkurs nach Möglichkeit „modifizieren“: der gri…
ATHEN taz | Am heutigen Donnerstag ist es so weit: Finanzminister Jannis
Stournaras empfängt die Troika-Kontrolleure in seinem Athener Büro und darf
ihnen als Erster die Neuverhandlung sämtlicher Sparauflagen für
Griechenland schmackhaft machen.
In den vergangenen Tagen kamen die drei Koalitionäre der neuen griechischen
Regierung unter Führung des Konservativen-Chefs Antonis Samaras darin
überein, den laufenden Sparkurs nach Möglichkeit zu „modifizieren“.
Anders als noch im Wahlkampf spricht man lieber nicht von einer
„Neuverhandlung“ des Rettungspakets, und dennoch dürfte die Agenda der
neuen Koalitionsregierung kaum auf Zustimmung stoßen bei den strengen
Finanz-kontrolleuren: keine Entlassungen im öffentlichen Dienst,
Verlängerung des Arbeitslosengeldes von 12 auf mindestens 24 Monate,
Senkung der Mehrwertsteuer im Tourismus von 23 auf 13 Prozent.
Zudem wird den leidgeplagten Griechen eine zeitliche Streckung des
Reform-programms bis Ende 2016 in Aussicht gestellt. Um die Troika dafür in
eine mildere Stimmung zu versetzen, will Stournaras den Kontrolleuren
signalisieren, dass die neue Regierung die Staatsausgaben trotzdem kürzen
und auch Gas geben will mit den stockenden Privatisierungen, die den
griechischen Schuldenberg abtragen sollen.
## Keine Diskusssionen
Vieles deutet darauf hin, dass sich die Kontrolleure nicht auf lange
Diskussionen einlassen und stattdessen penibel an ihrem
Griechenland-Bericht weiterarbeiten. Von diesem wird auch abhängen, ob das
überschuldete Land neue Hilfsgelder im Gegenzug für weitere schmerzhafte
Einschnitte bekommt.
Noch im Mai hieß es, die nächste Regierung müsse zusätzliche Sparmaßnahmen
in Höhe von 11 Milliarden Euro verabschieden. Angesichts einer
Rekordrezession, die im dritten Quartal 2012 bei schreckenerregenden 7
Prozent liegen dürfte, befürchten Experten mittlerweile eine noch größere
Finanzlücke von 14 Milliarden.
## Es fehlen 4 Milliarden Euro
Eigentlich wollte die Troika früher nach Athen reisen, sie musste ihre
Kontrollmission jedoch wegen des Dauerwahlkampfs und der schwierigen
Regierungsbildung verschieben.
Jetzt drängt die Zeit umso mehr, denn Ende August werden Zinszahlungen in
vielfacher Millionenhöhe an die internationalen Gläubiger sowie die
Rückzahlung griechischer Staatsanleihen an die Europäische Zentralbank
fällig. Allein dafür bräuchte die Samaras-Regierung 4 Milliarden Euro – die
sie nicht hat.
Nach griechischen Presseberichten reicht das Geld nur bis August, danach
wäre der Staat nicht einmal in der Lage, seine Beamten und Rentner zu
bezahlen. Vor dem Kollaps steht auch das griechische Gesundheitssystem.
Da viele Krankenhäuser kaum noch Geld für medizinisches Material haben und
sämtliche Apothekerverbände wegen ausstehender Schulden der gesetzlichen
Krankenkassen in einen Quasi-Streik getreten sind: Medikamente für
erkrankte Versicherte gibt es schon, aber nur gegen Bares.
5 Jul 2012
## AUTOREN
Jannis Papadimitriou
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