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# taz.de -- Griechenland subventionert Handelsflotte: Reeder zahlen keine Steue…
> Die gut verdienenden Reedereien in Griechenland zahlen praktisch keine
> Abgaben, obwohl das Land fast pleite ist. Ähnlich halten es auch viele
> andere Länder.
Bild: Der Containerhafen von Piräus.
HAMBURG taz | Athens neuer Finanzminister Giannis Stournaras schwankt
zwischen Ärger und Verwunderung, wenn er auf die Freizeitgewohnheiten
vieler seiner Landsleute schaut: „Gehen Sie an einem beliebigen
Freitagmittag zu einem Yachthafen rund um Athen: Sie werden nur
Luxusyachten sehen, die zu den Inseln ablegen“, klagte er jüngst in einem
Interview. „Griechenland ist viel reicher, als es die offiziellen Zahlen
nahelegen“, sagt Stournaras. Das gilt besonders für die traditionelle
Vorzeigebranche des Landes: die maritime Wirtschaft.
Griechenlands Handelsflotte ist laut deutschem Reederverband DRV mit mehr
als 3.000 Seeschiffen und einer Tragfähigkeit von über 220 Millionen Tonnen
die größte der Welt – vor den anderen großen Seemächten Japan, Deutschland
und China. Allein im Krisenjahr 2010, als Hellas erstmals unter den
Eurorettungsschirm schlüpfte, wuchs die Flotte um über 13 Prozent. Auch bei
den Neubestellungen für die kommenden Jahre stehen die Griechen weiterhin
an der Spitze, heißt es beim deutschen Schiffbauverband VSM.
Aktuell haben Griechenlands Reeder über 250 Riesenpötte vornehmlich bei
Werften in Südkorea und China geordert. Nummer eins sind griechische Reeder
mit weitem Abstand vor allem im lukrativen Tankergeschäft: Jedes fünfte
Schiff, das Rohöl oder Erdgas über die Weltmeere transportiert, gehört
einem Kapitaleigner aus dem Mittelmeerstaat.
Steuern zahlen Griechenlands Reeder jedoch kaum. Und das ist vollkommen
legal. Dafür sorgt die Tonnagesteuer, eine Abgeltungssteuer, bei der je
nach Alter des Schiffs pauschal nur wenige Cent Steuern pro 100 Tonnen
Ladung an den Fiskus überwiesen werden müssen – praktisch handelt es sich
um eine rein symbolische Steuer, die allerdings weitreichende Konsequenzen
hat: „Im Gegenzug sind alle Einkünfte aus Schifffahrtsgeschäften
steuerbefreit, einschließlich aller Gewinne aus Schiffsveräußerungen“,
schreibt der Steuerexperte Achim Biesenbach in seiner Studie „Besteuerung
und Subventionierung in der Seeschifffahrt“.
## Steuerfreie Gewinne
Die Tonnagesteuer wurde bereits in den 1950er Jahren in Griechenland unter
der konservativen Regierung Konstantin Karamanlis eingeführt. Bald folgte
Zypern, dessen Flotte ebenfalls überwiegend griechischem Kapital gehört.
Erst in den 1990er Jahren begannen andere europäische Staaten mit der
Einführung von Tonnagesteuer-Modellen, die 1997 von der EU-Kommission
legalisiert wurden.
Seit 1999 können auch deutsche Reeder die Gewinne aus ihren Handelsschiffen
nahezu steuerfrei einsacken. Dazu müssen deren Schiffe nicht einmal unter
der vergleichsweise kostspieligen schwarz-rot-goldenen Flagge fahren: Es
genügt, wenn die Reederei in Hamburg, Bremen oder München ansässig ist.
Mit der Tonnagesteuer wollten die Regierungen Arbeitsplätze an Bord und an
Land sichern. Und mit ihrem Steuerverzicht versuchten Griechenland wie
später auch Deutschland unter SPD-Kanzler Gerhard Schröder, den Aufbau
starker Flotten zu pushen. Das war durchaus erfolgreich: Mittlerweile
gehört jedes dritte Containerschiff auf den Weltmeeren deutschen Reedern,
Finanzinvestoren und Fondsgesellschaften.
Das griechische Generalkonsulat in Hamburg bestätigte auf Anfrage den
Sachverhalt, wollte ihn aber nicht kommentieren. Die maritime Wirtschaft in
Deutschland und der EU betrachtet die Tonnagesteuer – wie weitere
Zuwendungen des Staates – als Lebensgrundlage in der extrem zyklischen
Schifffahrt und als angemessenen Ausgleich zur öffentlichen Förderung in
Korea, Japan oder China. Kritiker sehen in der Nullsteuer eine
milliardenschwere Subvention, die sich wenigstens Griechenland nicht
leisten sollte.
11 Jul 2012
## AUTOREN
Hermannus Pfeiffer
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