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# taz.de -- Absetzung des Präsidenten in Rumänien: Furcht vor Palastrevolte
> Die Absetzung von Präsident Basescu löst in der EU heftige Debatten aus.
> Ob der Konservative endgültig gehen muss, entscheidet sich in einer
> Volksabstimmung.
Bild: Traian Basescu vor der Abstimmung über ihn selbst.
BERLIN taz | Die Rumänen werden am 29. Juli in einer Volksbefragung darüber
abstimmen, ob Staatspräsident Traian Basescu doch noch im Amt bleibt oder
endgültig gehen muss. Ende der vergangenen Woche hatte das rumänische
Parlament mit überwiegender Mehrheit [1][den Staatschef suspendiert]. Die
Geschäfte übernimmt nun vorübergehend der zweite Mann im Staat, der
Vorsitzende des Senats Crin Antonescu, Chef der Nationalliberalen Partei
(PNL). Falls er abgesetzt wird, müssen Neuwahlen stattfinden.
Mit den Sozialdemokraten (PSD) bilden die Liberalen (PNL) die Union der
Sozial-Liberalen (USL), die seit einigen Wochen die Regierung stellt. Ihr
erklärtes Ziel war es, Basescu und dessen Liberaldemokratische Partei (PDL)
aus dem Sattel zu heben. Der Konflikt ist älteren Datums und war bereits
2007 eskaliert, als Basescu die Abgeordneten pauschal der Korruption und
Vetternwirtschaft bezichtigte. Eine damals angestrebte Suspendierung des
Präsidenten scheiterte an einem Referendum.
Diesmal, so der interimistische Staatschef Antonescu, würden 70 Prozent der
Wahlberechtigten für eine Absetzung stimmen. Damit diese Rechnung aufgeht,
hat die neue Regierung in höchster Eile die gesetzlichen Bestimmungen für
eine Volksbefragung geändert. Danach gibt es kein Mindestquorum für die
Wahlbeteiligung mehr.
In gleicher Manier rettete Basescu 2007 sein Amt, indem er das Gesetz zur
Durchführung eines Referendums änderte. Die Bestimmung sah vor, dass ein
Plebiszit nur dann gültig ist, wenn sich 50 Prozent der Wahlberichtigten
beteiligen. Die Rechnung ging auf. 2007 lag die Beteiligung unter 50
Prozent und Basescu blieb im Amt.
## Basescu wollte den Senat abschaffen
Der Kampf zwischen Parlament und Präsident ging danach in eine neue Runde.
Die von Basescu geplante Verschlankung des Parlaments auf rund 300
Abgeordnete und die Abschaffung des Senats blieben eines der Ziele des
Präsidenten, das jetzt in weite Ferne gerückt ist.
Der sozialdemokratische Premier Victor Ponta wehrt sich seit Tagen gegen
Plagiatsvorwürfe und erweist sich dabei als gewiefter Ablenkungskünstler,
der seinen präsidialen Widersacher und dessen Partei scharf angreift.
Während der Suspendierungssitzung hatte man dem Präsidenten
Verfassungsbruch vorgeworfen, die verfassungsrechtliche Missachtung der
Regierung, die Anmaßung der Funktionen eines Regierungschefs, die
Nichtrespektierung der Gewaltenteilung sowie mit dem Grundgesetz
unvereinbare Verfassungsänderungen und Beeinflussung der Justiz. Basescu
verteidigte sich vor dem Parlament, indem seinen Gegnern die gleichen
Vorhaltungen machte.
Die neue Regierung hatte tatsächlich die Gunst der Stunde genutzt und in
kürzester Zeit Verwaltungsposten mit ihren Anhängern besetzt und die
Präsidenten der beiden Parlamentskammern ausgewechselt. Angedacht wurde
zudem eine neue Zusammensetzung des Verfassungsgerichtshofs. „Es ist
wichtiger für Sie, alle Hebel der Macht in Ihrer Hand zu vereinigen, um
Ihre Straftäter zu beschützen“, sagte Basescu. Damit zielte er auf den
sozialdemokratischen Ex-Premier Adrian Nastase, der kürzlich wegen
illegaler Parteienfinanzierung eine zweijährige Haftstrafe antreten musste.
Der Machtkampf im EU-Land Rumänien wurde im Ausland mit Befremden
aufgenommen, weil alle daran Beteiligten die demokratischen Spielregeln
ignorieren und nur ihre eigenen politischen Interessen verfolgen. Um die
Gemüter zu beruhigen, kündigte Premier Victor Ponta an, nach Bruxelles,
Berlin und Paris reisen zu wollen, um dort den Vorwurf zu entkräften, einen
Putsch gegen den Präsidenten geplant zu haben.
9 Jul 2012
## LINKS
[1] /Rumaeniens-Praesident-Basescu/!96889/
## AUTOREN
William Totok
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