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# taz.de -- Zensur in Russland: Wikipedia schaltet sich ab
> Betreiber schalten für 24 Stunden ihre Website ab. Damit protestieren sie
> gegen eine Änderung des Informationsgesetzes, die am Mittwoch in der Duma
> beraten wird.
Bild: Abgeschaltete Wikipedia-Webseite am Dienstag.
BERLIN taz | Die Macher der russischsprachigen Version von Wikipedia sind
am Dienstag in einen Streik getreten und haben ihre Website
(www.ru.wikipedia.org) für 24 Stunden abgeschaltet. Mit dieser Aktion
protestieren sie gegen eine geplante Änderung des russischen
Informationsgesetzes, das am Mittwoch in einer zweiten und entscheidenden
Lesung in der Duma beraten wird.
„Stell dir ein Welt ohne freien Wissenzugang vor“, heißt es auf der
Startseite unter einem schwarzen Balkan, der das Wikipedia-Logo verdeckt.
Das geplante Gesetz, so der Text weiter, könne zu einer außergerichtlichen
Zensur des ganzen Internets in Russland führen, was bedeute, dass auch
Wikipedia auf Russisch nicht mehr erreichbar sei. „Wir wenden uns gegen die
Einführung von Zensur, die eine Gefahr für freies und der gesamten
Menschehit zugängliches Wissen bedeutet.“
Die Befürchtung ist alles andere als unbegründet. So sieht die Änderung des
Gesetzes „Über den Schutz von Kindern vor Informationen, die der Gesundheit
und Entwicklung schaden“ die Einführung einer schwarzen Liste von Websites
vor, die für Kinder schädliche Informationen veröffentlichen. Darunter
fallen unter anderem Pornographie sowie Anleitungen zum Drogenmißbrauch und
Suizid.
Die Webseiten sollen von entsprechenden staatlichen Stellen zunächst
geprüft und dann, nach vorheriger Verwarnung des Betreibers, verboten
werden können. Kritiker befürchten, dass die Regierung die neue Regelung
für einen weiteren Rundumschlag gegen die Opposition mißbrauchen könnte,
für deren Informationsaustausch das Internet von entscheidender Bedeutung
ist.
Auch der neue Minister für Telekommunikation, Nikolai Nikiforow, ist
skeptisch gegenüber der Gesetzesnovelle in ihrer jetzigen Form. Das Gesetz
sei zwar im Grunde richtig, twitterte er unlängst, es gebe aber Probleme
mit dem Mechanismus seiner Umsetzung. Der beim Präsidenten angesiedelte
Bürgerrat äußerte Zweifel an der Effektivität des Gesetzes, da es nicht die
Gründe für das Auftauchen illegaler Inhalte im Netz bekämpfe.
Doch das scheint die Regierung auch gar nicht umzutreiben. Vielmehr geht es
ihr wohl vor allem darum, auf einem weiteren Feld gegen ihre Kritiker
vorzugehen. Erst vor wenigen Wochen wurde das Demonstrationsrecht drastisch
verschärft. In der vergangenen Woche winkte die Duma in erster Lesung ein
Gesetz durch, demzufolge sich vom Westen finanzierte
Nichtregierungsorganisationen (NGO) als „ausländische Agenten“ bezeichnen
müssen. Sollten NGO-Mitarbeiter Hilfen aus dem Ausland nicht offen legen,
müssen sie mit Geld- oder Haftstrafen rechnen und können ohne
Gerichtsbeschluss für sechs Monate verboten werden.
10 Jul 2012
## AUTOREN
Barbara Oertel
## TAGS
Feminismus
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