Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Wissenschaftler sind gegen Biosprit: Weg von den Energieblumen
> Neben Wind und Sonne sollen Pflanzen Autos antreiben oder Strom liefern –
> so wollen es Berlin und Brüssel. Ein Irrweg, sagt die einflussreiche
> Akademie Leopoldina.
Bild: Laut der Nationalen Akademie der Wissenschaften sind Energiepflanzen wie …
BERLIN taz | Zu ineffizient und ökologisch sinnlos – die Energieerzeugung
aus Pflanzen hat einen weiteren schwergewichtigen Kritiker. Deutschland
solle auf den Ausbau von Bioenergie verzichten, heißt es in einer gestern
veröffentlichten Empfehlung der Nationalen Akademie der Wissenschaften,
Leopoldina.
Damit stellt sich eines der einflussreichsten wissenschaftlichen Gremien
Deutschlands nicht nur gegen Empfehlungen etwa des Weltklimarates, sondern
auch gegen die politische Strategie von Bundesregierung und EU-Kommission.
Beide sehen jeweils wachsende Anteile von Bioenergie am Energiemix vor.
Die Argumentation der Wissenschaftler beruht auf drei Feststellungen:
Energiepflanzen sind – im Vergleich zu Wind und Sonne – ineffiziente
Energieträger. Zudem verbrauchen sie zu große Flächen und stehen damit in
Konkurrenz zur Nahrungsproduktion, zum Erhalt der Artenvielfalt oder zum
Klimaschutz.
Zudem, stellt die Leopoldina fest, würden die ökologischen Kosten des
Energiepflanzenanbaus nicht ausreichend in die Klimabilanzen eingerechnet.
Auch die Verwendung von Dünger oder der Verbrauch fossiler Brennstoffe
müssten berücksichtigt werden. „Um die besten Lösungen zu finden, sind
weitere Untersuchungen zu Treibhausgas-Emissionen in der Landwirtschaft
nötig“, heißt es.
## „Zu einer Ernüchterung beitragen“
Neu sind diese Argumente nicht, werden von der Akademie aber zu einem
Zeitpunkt vorgetragen, in der die Bundesregierung sich müht, die Folgen
ihres vor einem Jahr beschlossenen Atomausstieges zu bewältigen. „Wir
wollen zu einer Ernüchterung beitragen“, sagt Bernhard Schink, Mikrobiologe
an der Universität Konstanz und einer der Koordinatoren der Stellungnahme.
So schnell wie politisch gewollt lasse sich die Energiewende nicht
umsetzen.
Die technologischen Herausforderungen seien hoch, die Entwicklungen noch im
Status der Grundlagenforschung. Ein Beispiel: Wegen der „nahezu
unbegrenzten Verfügbarkeit von Wasser und Sonnenlicht“ könnte mit Hilfe aus
Mikroorganismen gewonnener Wasserstoff einen idealen Energieträger
liefern“, glauben die Autoren der Studie.
Allerdings stehe eine solche Technologie „frühestens in 20 Jahren zur
Verfügung“, so Schink. So rät die Leopoldina, mittelfristig auf
Fotovoltaik, Solarthermie und Windenergie zu setzen und Energieeinsparung
und -effizienz voranzutreiben. Bei der Biomasse sehen die Wissenschaftler
lediglich für die Energieerzeugung aus Abfällen eine Perspektive.
## Branche lehnt Empfehlung ab
Während diese Empfehlungen im Einklang mit Analysen und Forderungen von
Umwelt- und Entwicklungsorganisationen stehen, stießen sie bei der
betroffenen Branche naturgemäß auf Ablehnung. Die Leopoldina bleibe „jede
Antwort auf die Frage schuldig, wie schmutzige fossile Energie im
Straßenverkehr ersetzt werden kann“, kritisierte Elmar Baumann,
Geschäftsführer des Verbandes der Deutschen Biokraftstoffindustrie.
Aufgrund der winzigen Zahl von Elektroautos sei der Verweis auf Sonnen- und
Windenergie im Verkehr unrealistisch. Man müsse schlicht konstatieren,
sagte Schink, dass sich Erdöl aufgrund seiner hohen Energiedichte derzeit
nicht durch andere Energieträger ersetzen lasse.
26 Jul 2012
## AUTOREN
Heike Holdinghausen
## TAGS
Elektroauto
## ARTIKEL ZUM THEMA
Brüssel will mehr Öko-Tankstellen: Von der Zapf- zur Ladesäule
Die EU-Kommission plant ein dichtes Netz von grünen Tankstellen. Während
E-Autos einige Anlaufstationen haben, gibt es kaum Füllstationen für
Flüssiggas.
Regenerative Kraftstoffe: Biosprit aus Müll
Die meisten Autofahrer lehnen E10 ab. Laut einer Studie des Shell-Konzerns
gehört jedoch die Zukunft aus Resten und Abfällen hergestellten
Bio-Kraftstoffen.
Sprit aus Pflanzen: Tanken oder futtern?
Auf rund 10 Prozent der deutschen Äcker wachsen Pflanzen für Biotreibstoff.
Ist er gut für die Umwelt? Oder verteuert er die Lebensmittelpreise?
Niebel will Biosprit abschaffen: Konflikt zwischen Tank und Teller
Die Lebensmittelpreise steigen. Dafür macht Entwicklungshilfeminister Dirk
Niebel auch den Biosprit E10 verantwortlich und fordert ein Verbot.
Die Bedeutung fossiler Brennstoffe: Öl und Gas sind zu schade zum Heizen
Der Weltzukunftsrat hat ausgerechnet, dass fossile Brennstoffe zu wertvoll
für die Energieversorgung sind. Die chemische Industrie braucht sie
vielfach als Grundstoff.
Emissionsregelungen der EU-Kommission: Panik vor teurem Ablasshandel
Die EU-Kommission will den CO2-Ausstoß teurer machen. Die Wirtschaft ist
entsetzt. Sollte der Emissionshandel nicht funktionieren, ist die deutsche
Energiewende in Gefahr.
Versuche zur Biogas-Produktion: Vermaisung könnte ein Ende haben
Biogas aus Wildpflanzen ist wirtschaftlich genauso attraktiv wie Biogas aus
Mais. Der Einsatz von naturnahen Kulturen hätte auch ökologische Vorteile.
Autofahrer meiden Agrarkraftstoff E10: Keiner mag Agrosprit
Gut fürs Klima, aber trotzdem ein Flop: Gerade mal 13 Prozent der
Benzinverbraucher in Deutschland kaufen den auf Pflanzen basierenden
Agrarkraftstoff E10.
Biosprit und Hunger: Schlechtes Regieren schafft Hunger
Eine neue Studie untersucht die Auswirkungen von Raps und Zuckerrohr im
Tank. Bioskraftstoff wirkt sich auf die Preise aus, ist aber nur ein Faktor
von vielen.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.