# taz.de -- Versuche zur Biogas-Produktion: Vermaisung könnte ein Ende haben | |
> Biogas aus Wildpflanzen ist wirtschaftlich genauso attraktiv wie Biogas | |
> aus Mais. Der Einsatz von naturnahen Kulturen hätte auch ökologische | |
> Vorteile. | |
Bild: Mais, überall immer nur Mais. Dabei gibt es Alternativen. | |
FREIBURG taz | Biogasanlage und Maisfeld gehören heute meistens zusammen. | |
Doch es geht auch anders, die „Vermaisung“ der Landschaft könnte bald ein | |
Ende haben: In aktuellen Versuchen in verschiedenen Teilen Deutschlands | |
erweist sich eine ökologisch wertvolle Wildpflanzenmischung als durchaus | |
attraktive Alternative – denn deren Energie ist am Ende nicht teurer als | |
jene aus Maispflanzen. | |
Bereits im Jahr 2009 hatte die Bayerische Landesanstalt für Weinbau und | |
Gartenbau (LWG) in Veitshöchheim erste Versuchsflächen eingerichtet, auf | |
denen eine Saatgutmischung aus 25 verschiedenen Pflanzenarten ausgebracht | |
wurde. Im Jahr darauf ging es dann los: 25 Hektar in fünf verschiedenen | |
Bundesländern wurden mit Wildblumen bestellt, im Jahr 2011 folgten weitere | |
200 Hektar in zwölf Bundesländern. | |
Fünf Jahre sollen die Pflanzen auf den Äckern jeweils wachsen: Im ersten | |
Jahr dominieren Sonnenblume und Malve, später wachsen unter anderem Klee, | |
Buchweizen, Wilde Möhre und Lichtnelke. | |
Die Erfahrungen: Die Flächen lassen sich mit herkömmlicher Landtechnik | |
bewirtschaften, und die Erträge der Blumenwiese erreichen 50 bis 70 Prozent | |
des Referenzertrags eines Maisfeldes. Trotz des geringeren Ertrags sei die | |
Blumenwiese dem Mais wirtschaftlich mindestens ebenbürtig, sagt Jochen | |
Goedecke von der Modellprojekt Konstanz GmbH, die eines der | |
Wildpflanzenprojekte in der Bodenseeregion betreut. | |
## Ökologische Vorteile | |
Denn der geringeren Ausbeute pro Hektar stehen beträchtliche Einsparungen | |
gegenüber: Zum einen werden die Pflanzen nur einmal ausgesät, ehe fünf | |
Jahre lang geerntet wird – das spart Saatgut und Maschinenzeiten. Zum | |
anderen entfallen die Kosten für Dünge- und Spritzmittel, weil die | |
Wildpflanzen ohne Agrochemie auskommen. | |
Auch aus ökologischer Sicht hat die bunte Blumenmischung Vorteile: Sie | |
fördert die Artenvielfalt, indem sie einen Rückzugsraum für Wildtiere | |
schafft sowie Nahrung für Bienen und Hummeln liefert. Begleituntersuchungen | |
durch das Institut für Landschaftsökologie und Naturschutz in Singen zeigen | |
eine hohe Attraktivität der Wiesen für Tiere. Der Verzicht auf Chemie | |
schützt ferner Boden und Grundwasser, der reduzierte Maschineneinsatz auf | |
dem Feld mindert die Bodenverdichtung, die Bodenbedeckung auch im Herbst | |
bietet Schutz vor Erosion. | |
## Unempfindliche Wildpflanzen | |
Darüber hinaus sind die naturnahen Kulturen unempfindlicher als der Mais. | |
In Stockach am Bodensee habe ein Hagelschlag im vergangenen Juli beim Mais | |
an manchen Stellen zu einem Totalausfall geführt, heißt es in einem ersten | |
Zwischenbericht zum Forschungsprojekt in der Bodenseeregion. Die Bestände | |
seien „zum Teil auf Kniehöhe zerhackt worden“, die Wildpflanzen hingegen | |
hätten sich vollständig regeneriert. | |
Damit könnten die Wildblumen der Biogasbranche den erhofften Imagewandel | |
bringen. Schließlich hat das Renommee der Energie vom Acker in den letzten | |
Jahren durch zahlreiche Maismonokulturen empfindlich gelitten. | |
„Energiepflanzen müssen Akzeptanz finden“, sagt Stefan Rauh vom Fachverband | |
Biogas. Das dürfte keine Kultur besser schaffen als eine bunte Blumenwiese. | |
4 May 2012 | |
## AUTOREN | |
Bernward Janzing | |
## TAGS | |
Mais | |
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