# taz.de -- Neuer Entwurf zum Leistungsschutzrecht: Nur noch ein Google-Gesetz | |
> Das Leistungsschutzrecht sollte Verlagen eine Handhabe gegen alle | |
> gewerblichen Nutzer geben. Nun soll es nur Suchmaschinen treffen. Der | |
> Springer-Verlag findet: „Das geht gar nicht“. | |
Bild: Es geht wohl eigentlich um eine sehr bekannte Suchmaschine. | |
STRALSUND taz | Das Leistungsschutzrecht für Presseverlage wird endgültig | |
zu einer Lex Google. Ein neuer Entwurf zum seit langem vorgesehenen | |
Geschenk der Bundesregierung an die Verleger sieht nun ausdrücklich vor, | |
dass das Gesetz nur „vor systematischen Zugriffen auf die verlegerische | |
Leistung durch die Anbieter von Suchmaschinen“ schützen soll. | |
Blogs, aber auch alle „Unternehmen der sonstigen gewerblichen Wirtschaft“ | |
sind laut dem über das Wochenende bekannt gewordenen Zweitentwurf des | |
Bundesjustizministeriums nicht mehr betroffen. | |
Ein Ende Juni veröffentlichter erster Entwurf sah noch vor, dass alle | |
gewerblichen Nutzer für Verlagsinhalte im Netz zur Kasse gebeten werden | |
sollten. Dieser Entwurf war auf heftige Kritik der Internet-Community, aber | |
auch nerdiger Tendenzen völlig unverdächtiger Institutionen wie des | |
Bundesverbandes der Deutschen Industrie, BDI, gestoßen, der Mehrkosten für | |
seine Mitglieder befürchtete. | |
Der Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger, BDZV, hatte dem BDI daraufhin | |
vorgeworfen, sich vor „den Karren von Google & Co.“ spannen zu lassen. | |
Jetzt hat das Justizministerium die Abgrenzungsschwierigkeiten in Sachen | |
gewerblicher Nutzung – ist beispielsweise ein Blog eines freien | |
Journalisten gewerblich oder Privatvergnügen? – auf seine Weise gelöst: Bis | |
auf Suchmaschinen soll Mitnutzung, ob gewerblich oder nicht, | |
unproblematisch sein. | |
Bei den Verlegern, die sich seit langem von der Bundesregierung | |
verschaukelt fühlen, kommt das gar nicht gut an: „Anwendung nur auf | |
Suchmaschinen geht gar nicht“, schrieb Springers Medienpolitik-Chef | |
Christoph Keese auf Twitter. Ein Leistungsschutzrecht könne nicht nur auf | |
Suchmaschinen begrenzt sein und „allen Aggregatoren sowie anderen Kopisten | |
einen Freifahrtschein ausstellen“. Der neue Entwurf sage „Bedient Euch, | |
Journalismus kostet nichts für Nicht-Suchmaschinen“, twitterte Keese, der | |
für den BDZV die Lobbyarbeit für das Leistungsschutzrecht koordiniert. | |
## Keinen billigen Ausgleich | |
Der Entwurf ist eine Klatsche für die Verleger, die die Kampagne für | |
eigenes Schutzrecht ihrer Zeitungen und Zeitschriften analog zum | |
Leistungsschutz bei Film- oder Musikproduktionen seit vier Jahren fordern. | |
Das Justizministerium macht auch beim zweiten verwässerten Entwurf | |
unmissverständlich klar, dass man den Verlagen keinen billigen Ausgleich | |
für ihre überkommenen Geschäftsmodelle bieten wird. | |
In der Entwurfsbegründung heißt es, man werde das Schutzrecht angesichts | |
veränderter Rahmenbedingungen für Verleger und Nutzer „nur in dem | |
begrenzten Umfang gewährleisten“, soweit dies „zum Schutz berechtigter | |
verlegerischer Interessen erforderlich ist“. Daher genüge es, sich auf | |
„systematische Zugriffe“ wie die von Suchmaschinen und | |
Nachrichten-Aggregatoren wie Google News zu beschränken. | |
Der Entwurf soll noch im August vom Kabinett verabschiedet werden. Doch die | |
Kritik bleibt: „Es gibt weiter Abgrenzungsfragen – zum Beispiel fehlt eine | |
klare Definition, was eine Suchmaschine ist“, sagt Tabea Rößner, | |
medienpolitische Sprecherin der Grünen im Bundestag. Für die Verlage sei | |
der neue Entwurf sogar kontraproduktiv: „Die Verleger haben sich selbst ins | |
Knie geschossen. Google kann sie einfach draußen lassen – doch davon haben | |
sie auch nichts“, so Rößner zur taz. | |
29 Jul 2012 | |
## AUTOREN | |
Steffen Grimberg | |
## TAGS | |
Schwerpunkt Urheberrecht | |
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