# taz.de -- Deutschland kürzt Ruanda das Geld: Kritik an der „Scheckbuch-Wed… | |
> Deutschland hat Ruanda die Entwicklungshilfe gekürzt – und sorgt dort für | |
> Empörung. Die Regierung weist die Vorwürfe in einem Bericht als | |
> „zweifelhafte Behauptungen“ zurück. | |
Bild: Bekamen sie Hilfe aus Ruanda? M23-Rebellen im Ostkongo. | |
BERLIN taz | Nach den Niederlanden, Großbritannien und den USA kürzt jetzt | |
auch Deutschland Teile seiner Entwicklungshilfe für Ruanda. Die geplante | |
Unterzeichnung eines Abkommen über 21 Millionen Euro Budgethilfe für Ruanda | |
im Zeitraum 2012 bis 2015 sei ausgesetzt, erklärte das Bundesministerium | |
für Wirtschaftliche Zusammenarbeit (BMZ) am Samstag. Die deutsche Kürzung | |
ist die bisher größte im Zusammenhang mit UN-Vorwürfen von Ende Juni, | |
wonach Ruanda im benachbarten Osten der Demokratischen Republik Kongo die | |
neue Rebellenarmee M23 (Bewegung des 23. März) unterstütze. | |
„Ruanda hat die Zeit nicht genutzt, die erhobenen schweren Vorwürfe zu | |
entkräften“, erklärte Bundesentwicklungsminister Dirk Niebel. „Die Vorwü… | |
müssen lückenlos aufgeklärt werden, und es muss klar sein, dass Ruanda | |
keine illegalen Milizen im Ostkongo unterstützt“. | |
Eine UN-Expertengruppe, die Waffen- und Finanzhilfen für illegale | |
bewaffnete Gruppen im Kongo untersucht, hatte in einem Annex zu ihrem | |
letzten Bericht an den UN-Sicherheitsrat vor vier Wochen behauptet, | |
ruandische Regierungsstellen und hohe Militärs seien direkt in den Aufbau | |
der M23 verwickelt und hätten diese sogar mit Soldaten und Waffen | |
unterstützt. Die M23 wurde vor knapp drei Monaten von kongolesischen | |
Tutsi-Offizieren gegründet, die bis 2009 eine eigene Rebellenbewegung | |
unterhielten, sich dann in die Armee integrierten und dieses Jahr wieder | |
desertierten. Sie werben bis heute unzufriedene kongolesische Soldaten an. | |
Politisch fordert die M23 die Umsetzung des Friedensvertrags vom 23. März | |
2009, der umfassende Reformen im Ostkongo vorsah. | |
Einen Tag vor der deutschen Hilfssuspendierung hatte Ruandas Regierung auf | |
die UN-Vorwürfe ausführlich geantwortet. Das Antwortschreiben, das der taz | |
vorliegt, nennt die UN-Anschuldigungen „eine Reihe zweifelhafter | |
Behauptungen“, die „tief fehlerhaft“ seien. Die UN-Experten hätten sich … | |
unbenannte „kongolesische Quellen“ berufen, ohne den ruandischen | |
Beschuldigten die Gelegenheit zur Reaktion zu geben. Ruanda habe in keiner | |
Weise beim Aufbau der M23 geholfen. | |
Doch, so Ruandas Regierung in dem Schreiben weiter, „kann nicht | |
ausgeschlossen werden, dass ruandische Bürger mit familiären Verbindungen | |
zu kongolesischen Armeeoffizieren oder M23-Kämpfer verdeckte | |
Rekrutierungsoperationen organisiert haben könnten“. Es sei auch möglich, | |
„dass M23-Kader oder ruandischsprachige Offiziere der kongolesischen Armee | |
in Grenznähe Jugendliche für ihre Bewegung rekrutiert haben könnten“. | |
## „Diese Eltern-Kind-Beziehung muss enden“ | |
Die UN-Expertengruppe hat auf diese Klarstellungen, die auf mehrtägige | |
offenbar fruchtlose Gespräche zwischen ihr und ruandischen | |
Regierungsstellen letzte Woche folgten, nicht offiziell reagiert. Ob das | |
BMZ Ruandas Antwort kannte, bevor es Ruanda vorwarf, die „Zeit nicht | |
genutzt“ zu haben, um die Vorwürfe der UN-Experten zu entkräften, ist nicht | |
bekannt. | |
Ruandas Regierung ist nun empört. „Solange Länder mit Scheckbüchern wedeln, | |
können wir niemals gleich sein“, sagte Außenministerin Louise Mushikwabo. | |
„Diese Eltern-Kind-Beziehung muss enden.“ Ruandas Präsident Paul Kagame hat | |
mehrfach als Ziel verkündet, die Abhängigkeit von ausländischen Gebern zu | |
beenden. Im Staatshaushalt 2012-13 finanzieren Geberländer mit rund 380 | |
Millionen Euro 21,6 Prozent der ruandischen Staatsausgaben. Die deutsche | |
Budgethilfe ist ein Drittel der für 2012 bis 2015 geplanten deutschen | |
Hilfen, die ansonsten projektgebunden sind. | |
Unterdessen mehren sich die Signale, dass nach einer friedlichen Lösung im | |
Ostkongo gesucht wird. Es zirkulieren Gerüchte über mögliche Vermittler | |
zwischen Kongos Regierung und M23. Kongos Präsident Joseph Kabila erklärte | |
in einer Pressekonferenz am Samstagabend, die Lösung für Ostkongo sei | |
„vielleicht militärisch, vielleicht diplomatisch, vielleicht politisch“. | |
Das gilt als Reaktion auf die jüngsten Geländegewinne der M23, die sie am | |
Wochenende bis kurz vor Nord-Kivus Provinzhauptstadt Goma gebracht hat. | |
29 Jul 2012 | |
## AUTOREN | |
Dominic Johnson | |
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Dirk Niebel | |
Schwerpunkt Kongo-Kriegsverbrecherprozess | |
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