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# taz.de -- Todesstrafe in Vietnam: Henker und Todesspritzen gesucht
> In Vietnam genießen etwa 400 zum Tode Verurteilte eine Gnadenfrist. Das
> längere Leben verdanken sie aber nicht der Milde ihrer Regierung.
Bild: Banges Warten: Gefangene in Vietnam.
BERLIN taz | Rund 400 zum Tode Verurteilte genießen derzeit in Vietnam laut
dem stellvertretenden Polizeiminister Dang Van Hieu eine Gnadenfrist. Der
Grund dafür ist allerdings keine Amnestie der Regierung, sondern schlicht
ein Mangel: Dem Land gingen zuerst die Henker aus und dann das Gift für die
Todesspritzen.
In dem südostasiatischen Einparteienstaat steht die Todesstrafe
beispielsweise auf Mord, schwere Drogendelikte und besonders schwere Fälle
von Korruption. Amnesty International zählte 2011 mindestens 23
Todesurteile, geht aber von einer hohen Dunkelziffer aus. Offizielle Zahlen
liegen nicht vor, weil die Todesstrafenstatistik schon seit einem Jahrzehnt
als Staatsgeheimnis gilt.
2010 beschloss die Nationalversammlung eine Veränderung der
Exekutionsmethode. Wurden Verurteilte zuvor durch ein Erschießungskommando,
und das oftmals sogar öffentlich, hingerichtet, so sollte fortan die
Giftspritze eingesetzt werden. Diese koste weniger und reduziere die
psychische Belastung, hieß es in vietnamesischen Medien. Gemeint ist damit
aber nicht die Belastung für die Todeskandidaten, sondern die für die
Vollstrecker. Darüber debattierte die Nationalversammlung nicht ohne Grund:
Vietnam waren die Henker ausgegangen, wenn man Informationen aus
Justizkreisen Glauben schenken darf.
2003 war mehr als 100 Mitgliedern der sogenannten Nam-Can-Bande in
Ho-Chi-Minh-Stadt der Prozess gemacht worden. Die Bande hatte in der
südlichen Metropole die Unterwelt beherrscht und war auch vor Mord nicht
zurückgeschreckt. Sie hatte aber gute Kontakte zur lokalen Polizei und zu
ranghohen Politikern. Der Prozess endete mit mehreren Todesurteilen und
ihrer Vollstreckung durch die damals üblichen Erschießungskommandos.
## Ungeklärte Tode
Doch in den Folgejahren sollen unüberprüfbaren Berichten zufolge immer
wieder Mitglieder dieser Erschießungskommandos unter ungeklärten Umständen
zu Tode gekommen sein. Wohl aus einer Mischung von Angst und
weitverbreitetem Aberglauben sollen andere Henker daraufhin ihren Dienst
quittiert haben. Die Todesstrafe soll sogar kaum noch vollstreckbar gewesen
sein, was aber nie offiziell bestätigt wurde.
Das Gesetz von 2010, das die Giftspritze vorschreibt, sollte Exekutionen
wieder leichter möglich machen. Dazu tragen auch nichtöffentliche
Vollstreckungen bei, bei denen die Henker unbekannt bleiben.
Doch unerwartet tauchte ein neues Problem auf: Das benötigte Gift muss
importiert werden. Die Jugendzeitung Thanh Nien macht für das Problem der
Versorgung mit dem sofort wirksamen Gift eine EU-Richtlinie verantwortlich.
Die EU-Anti-Folter-Verordnung verbietet den Export des Giftstoffs
Pentobarbital für Hinrichtungszwecke. Dagegen sei Hanoi machtlos. Die
Firma, die das Gift herstellt, hat ihren Standort in Dänemark.
5 Aug 2012
## AUTOREN
Marina Mai
Marina Mai
## TAGS
Vietnam
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