Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Härte gegen Schulverweigerer: Knast für Schulschwänzer
> 2011 hat der Senat 41 Schüler in Jugendarrest genommen, weil sie
> Bußgelder nicht zahlten. Schulsenator verschärft Richtlinie.
> Erfolgreiches Hilfsprojekt nicht verlängert.
Bild: hm droht in Hamburg der Kinderknast: Schulschwänzer auf frischer Tat.
Hamburg geht immer härter gegen Schulverweigerer vor. Im Jahr 2011 wurden
41 Jugendliche für bis zu eine Woche in die Jugendarrestanstalt
Hahnöfersand gesperrt, weil sie ein Bußgeld wegen Schulschwänzens nicht
zahlten. Solche Strafen nehmen zu. Gab es im Jahr 2000 nur zwei
Bußgeldbescheide in ganz Hamburg, waren es 2007 schon 399. Unter
SPD-Schulsenator Ties Rabe stieg die Zahl auf Rekordniveau. Von rund 1.100
Schulpflichtverstößen wurden fast 800 mit einem Bußgeld geahndet. Dies traf
Schüler und Eltern.
Auch die Zahl der Eingesperrten stieg an. Laut eines Berichts des Hamburger
Abendblatts, den die Justizbehörde bestätigt, kamen im Jahr 2010 25
Schulschwänzer in Jugendarrest, 2009 waren es nur 13, 2006 nur drei. Davor
gab es kein Bußgeld für Schüler, also auch keinen Arrest. Das
Schulschwänzen mit Beträgen zwischen 75 und 125 Euro zu ahnden, die die
Kinder möglicherweise nicht zahlen können, hat erst die CDU-Alleinregierung
eingeführt. Früher wurden nur die Eltern belangt.
Die Justizbehörde hat die Wirkung nicht evaluiert. „Wir setzen ein Bußgeld
durch und arbeiten mit denen pädagogisch“, sagt deren Sprecher Sven
Billhardt. Auch die Schulbehörde räumt ein, dass es keine „wissenschaftlich
fundierte Evaluation“ dieser Maßnahme gibt. SPD-Schulsenator Ties Rabe
beruft sich auf Erfahrungen aus der Praxis. Die Zahl der Bußgelder sei so
gestiegen, weil dies besonders bei älteren Schüler dazu führe, das Problem
„ernst zu nehmen“.
Rabe hat im Januar die Schulen angewiesen, jeden Fall der Schulaufsicht zu
melden, in dem ein Schüler mehr als drei Tage oder 20 Stunden fehlt und
nicht kurzfristig Kontakt zur Familie hergestellt werden kann. Früher
hatten die Schulen selber Lehrer oder Sozialpädagogen zu den Familien
geschickt und nach vier Wochen eine regionale Beratungsstelle (Rebus)
einbezogen. Erst wenn sich nach drei Monaten vor Ort keine Lösung fand, kam
die Schulaufsicht ins Spiel.
Die GAL-Politikerin Stefanie von Berg findet den Ansatz der SPD
„bürokratisch, technokratisch und repressiv“. Sie stört, dass der Senat
gerade erst ein Hilfsprojekt beendet hat, bei dem 48 Rückkehrer aus den
privatisierten LBK-Kliniken Schulschwänzer zu Hause aufsuchten und dafür
sorgten, dass sie zur Schule kamen. Das Projekt wurde als erfolgreich
bewertet. Nun seien die LBK-Mitarbeiter ohne Aufgabe, sagt von Berg.
„Die Drohgebärden sind hier viel zu hoch, erst muss die Hilfe kommen“, sagt
auch Dora Heyenn von der Links-Fraktion. Meistens blieben Schüler der 8.
und 9. Klassen dem Unterricht fern, die kaum Chancen auf einen
Ausbildungsplatz hätten. Heyenn verweist darauf, das Rabe selber 2009 als
Oppositionspolitiker das LBK-Projekt gelobt und dessen Ausweitung gefordert
hatte. Der hat nun eine neue Idee und prüft, ob „Elternlotsen“ eine Brücke
zu den Schulschwänzern bilden können.
6 Aug 2012
## AUTOREN
Kaija Kutter
Kaija Kutter
## TAGS
Homeschooling
Schule und Corona
Jugendamt
## ARTIKEL ZUM THEMA
Bußgelder wegen Fehlens im Homeschooling: Hamburgs harte Linie gegen Schüler
Hamburgs Schulbehörde geht auch im Lockdown unerbittlich gegen
„Schulpflichtverletzungen“ vor: 291 Bußgeldbescheide in drei Monaten.
Schul-Lockdown in Hamburg: Kein Laptop? Bußgeld!
Ein Schüler soll Bußgeld für Fehltage zahlen, an denen die Schulen bereits
geschlossen waren. Fürs Onlinelernen hatte er nur ein Smartphone.
Schulverweigerung vor Gericht: Jugendamt für Schwänzer zuständig
Ein Gericht in Hamm hat den Eltern eines Schulschwänzers das Recht
entzogen, dessen schulische Angelegenheiten zu regeln. Jetzt soll das
Jugendamt eingreifen.
Kommentar Schulverweigerer: Strafe macht Schule
Es scheint, alls wären die hohen Arrestzahlen Ergebnis eines Prozesses, der
sich verselbstständigt hat. Und doch wird das Bußgeld als sinnvoll
propagiert.
Kontrolle von Schulbesuchen eingespart: Schwänzen wird wieder leichter
Ein Projekt zur Überwachung von Schulbesuchen durch Schulassistenten soll
beendet werden. Dass es ein Erfolg war, bestreitet auch die Schulbehörde
nicht.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.