# taz.de -- Reformen beim Verfassungsschutz: Jan Korte gegen die Geheimen | |
> Der Verfassungsschutz soll zu einer Infostelle umgebaut werden, fordet | |
> ein Politiker der Linken. In einem Papier beschreibt er einen Dienst ohne | |
> V-Leute und Überwachung. | |
Bild: Soll sich öffnen: Verfassungsschutzzentrale in Köln. | |
BERLIN taz | Dem Inlandsgeheimdienst sollen die geheimdienstlichen | |
Befugnisse entzogen werden – das fordert der linke Bundestagsabgeordnete | |
Jan Korte in einem 12-Punkte-Plan zur Abschaffung des Verfassungsschutzes | |
in seiner derzeitigen Form. Die Art und Weise, wie der Geheimdienst | |
Informationen beschaffe, sei eine Gefahr für Demokratie und Rechtsstaat. | |
Mit dem Papier, das der taz vorliegt und noch in der Bundestagsfraktion | |
diskutiert werden soll, macht Korte erstmals einen Vorschlag, wie die von | |
der Linkspartei geforderte Auflösung des Inlandsgeheimdienstes konkret | |
aussehen könnte. Die Ermittlungspannen bei der Aufdeckung der | |
Neonazi-Mordserie hatten über die Parteigrenzen hinweg eine Diskussion über | |
die Zukunft des Verfassungsschutzes entfacht. | |
„Als Relikte des Kalten Krieges“, so Korte in dem Papier, hätten die | |
Geheimdienste schon längst abgeschafft werden können. Er erinnert daran, | |
dass das Grundgesetz „die Ausgestaltung des Verfassungsschutzes als Geheim- | |
oder Nachrichtendienst“ zwar ermöglicht, aber nicht vorschreibt. | |
In dem sechsseitigen Papier schlägt Korte vor, das Bundesamt für | |
Verfassungsschutz (BfV) bis 2014 zu einer Informationsstelle umzubauen. Das | |
hieße: Der Verfassungsschutz bliebe Verfassungsschutz. Der Bundesbehörde | |
sowie den 16 Landesämtern würden aber alle nachrichtendienstlichen | |
Kompetenzen entzogen. | |
Die V-Leute würden schrittweise abgeschafft, die Befugnisse zur Überwachung | |
von Telefonen, Computern und E-Mails gestrichen. Auch verdeckte | |
Ermittlungen müsste der Verfassungsschutz einstellen. „Anstelle einer | |
nachrichtendienstlich arbeitenden Behörde tritt eine Informations- und | |
Dokumentationsstelle für Menschenrechte, Grundrechte und Demokratie in Bund | |
und Ländern“, heißt es in dem Papier. | |
## Auch in der Linkspartei umstritten | |
Offen ließ Korte, ob bisherige Aufgaben des BfVs und der Ländesämter | |
anderen Behörden wie dem Bundeskriminalamt (BKA) übertragen werden sollen. | |
„Hier wird es sicher noch etlicher Debatten bedürfen“, so Korte zur taz. An | |
dem sogenannten Trennungsgebot zwischen Polizei und Verfassungsschutz, | |
heißt es in dem Papier, halte die Linkspartei jedoch fest und stehe einer | |
Polizei mit erweiterten Befugnissen kritisch gegenüber. | |
Reformvorschläge für den Verfassungsschutz waren von Politikern aus allen | |
politischen Lagern gemacht worden. Die Forderungen reichen von einer | |
verstärkten Kooperation zwischen Bund und Ländern über eine bessere | |
parlamentarische Kontrolle bis hin zu einer Zentralisierung, also der | |
Abschaffung der Landesämter. | |
Mit der Auflösung des derzeitigen Verfassungsschutzes steht die Linkspartei | |
nicht allein da. Auch die Grünen hatten Zweifel an der weiteren | |
Existenzberechtigung angemeldet. Allerdings ist Kortes Position bei den | |
Linken nicht unumstritten: Wolfgang Neskovic, parteiloses | |
Linke-Fraktionsmitglied im Bundestag, spricht sich gegen die Auflösung aus. | |
„Wir schaffen ja auch nicht die Feuerwehr ab, wenn sie bei der | |
Brandlöschung versagt“, hatte er der taz zuvor gesagt. | |
15 Aug 2012 | |
## AUTOREN | |
Jannis Hagmann | |
## TAGS | |
Schwerpunkt Überwachung | |
Schwerpunkt Rechter Terror | |
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