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# taz.de -- Buch über eine veraltete Behörde: Schafft den Verfassungsschutz a…
> Claus Leggewie und Horst Meier analysieren den skandalträchtigen
> Verfassungsschutz. Sie kommen zu dem Ergebnis, dass die Demokratie ihn
> nicht braucht.
Bild: Konfetti für alle! Der Verfassungsschutz beim Feiern, äh, bei der Arbei…
Der neu bestellte Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz,
Hans-Georg Maaßen, will den Kölner Geheimdienst mit „tiefgreifenden
Reformen“ wieder auf Kurs bringen. So sagte es der 49-jährige jedenfalls
anlässlich seines Amtsantritts vor rund zwei Wochen. Er fühle sich „wie der
Stadtbaudirektor von Köln nach dem Zweiten Weltkrieg“, soll er gegenüber
früheren Kollegen im Bundesinnenministerium erklärt haben.
Das lässt nicht viel Gutes erwarten: der Behördenchef, ein
Verwaltungsspezialist. Einer, den man am Ende gar nicht mehr braucht. Das
legen auch die Autoren Claus Leggewie und Horst Meier in ihrem neuen Buch
„Nach dem Verfassungsschutz“ nahe.
Nach den unglaublichen Pannen in der Neonazi-Mordserie – inklusive
Aktenvernichtung zur Zwickauer Terrorzelle NSU – steht die
Daseinsberechtigung der Verfassungsschutzbehörde als solche infrage. Das
Bundesamt steckt in einer tiefen Krise, anders als in der Vergangenheit,
als die Legitimation der Behörde im Kalten Krieg und im Kampf gegen den
Kommunismus noch Konsens war.
Zugespitzt formulieren die Autoren Claus Leggewie und Horst Meier: Ein
Geheimdienst, der von Anfang an keine sinnvolle Aufgabe hatte, der vielmehr
systematisch Skandale hervorbrachte, der notorisch die Bürgerrechte
beeinträchtigt und im besten Fall kein Schaden anrichtet, ist überflüssig.
Abschaffen, nicht reformieren, verlangen sie. Der Verfassungsschutz habe
auch nie als das Frühwarnsystem, für das er gehalten wird, getaugt. „Was
die deutsche Demokratie heute ist, wurde sie nicht wegen, sondern trotz des
Verfassungsschutzes“, lautet das vernichtende Urteil der beiden.
Folgerichtig schlagen Leggewie und Meier in ihrem „Plädoyer für eine neue
Sicherheitsarchitektur der Berliner Republik“ vor, den Verfassungsschutz
mitsamt Bundesamt und Landesbehörden innerhalb von fünf Jahren geordnet
abzuwickeln. Ebenso wie es möglich war, mit einer Gesetzesnovelle 2002 aus
der Atomenergie auszusteigen, „so kann auch der Ausstieg aus dem
Verfassungsschutz bewerkstelligt werden“.
Fähiges Personal könne in den polizeilichen Staatsschutz übernommen werden,
der ohnehin für politisch motivierte Straftaten zuständig sei. Der
Verfassungsschutz sei zum „Anachronismus geworden“, eine klare Zäsur
fällig. Das Credo der Autoren: „Selbstbewusste Demokratie funktioniert ohne
Verfassungsschutz. Sie besinnt sich auf die Abwehr konkreter Gefahren und
lebt im Übrigen mit den Unwägbarkeiten, die Freiheit auszeichnen“.
Am Dienstag nächster Woche beraten die Innenminister der Länder über die
zukünftige Ausrichtung des Verfassungsschutzes. Eine eigene Behörde
abschaffen, das werden sie vermutlich nicht wollen. Die Lektüre von „Nach
dem Verfassungsschutz“ sei ihnen dennoch empfohlen.
## "Nach dem Verfassungsschutz". Archiv der Jugendkulturen, Berlin 2012,
208 Seiten, 12 Euro
24 Aug 2012
## AUTOREN
Wolfgang Gast
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