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# taz.de -- Kommentar Verfassungsschutz-Reform: Worthülsen und Ankündigungen
> In Zukunft sollen sich die Verfassungsschutzämter besser austauschen. Wer
> so etwas beschließen muss, zeigt nur, dass bisher gar nichts geklappt
> hat.
Unter großem Tamtam haben sich die Innenminister zu einer Sonderkonferenz
getroffen, um ihre Vorstellungen über eine Neuausrichtung des
Verfassungsschutzes nach dem NSU-Versagen zu präsentieren. Angeblich stehen
jetzt die Eckpunkte einer Reform des Geheimdienstapparats. Schaut man sich
an, auf was sich die Innenminister wirklich geeinigt haben, ist die
Wahrheit: Von einer echten Reform kann überhaupt nicht die Rede sein.
Was sie ändern wollen, sind eigentlich Selbstverständlichkeiten: dass die
Verfassungsschutzämter von Bund und Ländern ihre Informationen besser
austauschen; dass die parlamentarische Kontrolle gestärkt werden soll; dass
es einheitliche Standards für und einen Gesamtüberblick über V-Leute geben
soll.
Wer so etwas eigens beschließen muss, räumt im Kern nur ein: Bisher hat die
Zusammenarbeit der 17 Inlandsgeheimdienste überhaupt nicht funktioniert,
den Umgang mit V-Leuten hatten sie nicht im Griff und eine ausreichende
Kontrolle durch die Politik fand nicht statt.
Der Rest des Beschlusses ist eine Ansammlung von Absichtserklärungen und
Worthülsen. „Der Verfassungsschutz ist neu auszurichten und zukunftsfähig
zu machen“, heißt es dort. Oder: „Der Verfassungsschutz muss ein
demokratisches Selbstverständnis leben, das geprägt ist von den
Grundprinzipien der Transparenz, der Offenheit und der Kooperation.“
Was das für die Praxis bedeutet? Aus höchsten Sicherheitskreisen ist zu
hören, dass als Zeichen der Transparenz am Tor des Bundesamts für
Verfassungsschutz in Köln-Chorweiler nun ein neues, für jeden gut
sichtbares Schild angebracht werden soll. Fehlt eigentlich nur noch, dass
die Behörde sich in „Bundesagentur“ umbenennt.
Wollen die Innenminister das Vertrauen der Öffentlichkeit zurückgewinnen,
müssen sie viel weiter gehen. Noch tagt eine Expertenkommission von Bund
und Ländern, noch besteht die Chance auf Ideen, die den Begriff Reform auch
verdienen. Bis dahin muss man FDP-Justizministerin Sabine
Leutheusser-Schnarrenberger Recht geben. „Bund und Länder sollten die Kraft
zu einem beherzten Umbau der Sicherheitsarchitektur haben und sich nicht im
Klein-Klein verheddern“, sagt sie. „Wer nur Möbel umstellt, baut das Haus
nicht um.“
29 Aug 2012
## AUTOREN
Wolf Schmidt
## TAGS
Schwerpunkt Überwachung
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