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# taz.de -- Pläne für Verfassungsschutz-Reform: Alle Infos in die Mitte
> Künftig soll der Bundesverfassungsschutz alle relevanten Informationen
> von den Landesämtern bekommen – so will es der Innenminister. Die
> Länderregierungen sind nicht erfreut.
Bild: Nur noch die ganz Bösen beobachten: künftige Aufgabe des Bundesverfassu…
BERLIN taz | Ursprünglich wollte Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich
(CSU) die Vorschläge einer Bund-Länder-Kommission zum Umbau der
Sicherheitsbehörden nach dem NSU-Debakel abwarten. Jetzt werden schon
vorher eigene Vorschläge für eine Reform des Verfassungsschutzes aus seinem
Ministerium bekannt. An diesem Dienstag will Friedrich seine Länderkollegen
davon überzeugen, grundlegenden Änderungen zuzustimmen. Ob sie das tun
werden, ist allerdings fraglich. Denn die Ideen laufen darauf hinaus, dass
der Bund mehr Macht bekäme – und die Länder weniger.
Geht es nach dem Reformplan aus Friedrichs Haus, dürfen es die
Länderverfassungsschutzämter nicht mehr dem eigenen Ermessen überlassen,
was sie an das Bundesamt in Köln melden, sondern müssen alles Relevante
weitergeben, egal ob es um Islamismus, Rechts- oder Linksextremismus geht.
Gleichzeitig sollen die Möglichkeiten des Bundes ausgeweitet werden, selber
in den Ländern aktiv zu werden und mit eigenem Personal und Mitteln
mutmaßliche Verfassungsfeinde zu beobachten.
Außerdem soll es eine zentrale Stelle beim Bundesamt geben, die einen
Überblick über alle vom Bund und den Ländern bezahlten Szeneinformanten
(„V-Leute“) hat. Ob überhaupt in einer Partei oder Organisation V-Leute
eingesetzt werden sollen, soll nach Vorstellung des Innenministeriums
künftig von der sogenannten G-10-Kommission des Bundestags entschieden
werden.
Ob das alles so kommen wird, ist offen. Denn schon im Vorfeld des
Sondertreffens der Innenminister an diesem Dienstag gibt es Unmut bei
einigen Ländern über die Pläne, dem Bundesamt für Verfassungsschutz mehr
Macht zu geben. „Eine zentralistische Megabehörde“ sei ein
„Sicherheitsrisiko“, wettert der nordrhein-westfälische Innenminister Ralf
Jäger (SPD). „Der Bund soll erst einmal Mängel im eigenen Bereich
abstellen, statt neue Befugnisse zu fordern.“ Gemeint ist damit: die nach
wie vor ungeklärte Affäre um geschredderte Neonaziakten beim Bundesamt nach
dem Auffliegen des NSU.
Als Reaktion auf diese will die Bundesregierung nun zumindest eine klare
gesetzliche Vorschrift auf den Weg bringen, wie lange Akten aufbewahrt und
wann sie gelöscht werden müssen. Bei Anhörungen im
NSU-Untersuchungsausschuss war deutlich geworden, dass bisher beim
Verfassungsschutz recht freihändig mit entsprechenden Fristen umgegangen
wurde.
Interessant ist auch die Idee aus dem Innenministerium, wonach das
Bundesamt für Verfassungsschutz sich in Zukunft weitgehend auf
„gewaltgeneigte Bestrebungen und Personen“ beschränken soll. Das werteten
Beobachter zunächst als Hinweis darauf, dass der Bund sich aus der
Beobachtung der Linkspartei zurückziehen könnte – und das unter einem
CSU-Innenminister.
Das aber scheint Friedrich nicht im Sinn zu haben, wie in Regierungskreisen
zu hören ist. Dagegen könnte aber bei der größten islamistischen
Organisation im gewaltfreien Spektrum, Milli Görüs, tatsächlich der Bund
die Beobachtung in Zukunft einstellen und diese den Ländern überlassen.
Dasselbe könnte für kommunistische Splittergruppen wie die DKP gelten, hieß
es.
27 Aug 2012
## AUTOREN
Wolf Schmidt
## TAGS
Schwerpunkt Überwachung
Linksextremismus
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