| # taz.de -- Außenministerin Ruandas über Kongo: „Ethnisch vergiftetes Denke… | |
| > Die ruandische Außenministerin Louise Mushikiwabo spricht über den neuen | |
| > Krieg im Nachbarland Kongo. Die UN werfen Ruanda vor, die M23-Rebellion | |
| > zu unterstützen. | |
| Bild: Der neue Krieg im Ostkongo treibt Tausende in die Flucht. | |
| taz: Frau Mushikiwabo, Deutschland und andere Länder haben ihre | |
| Entwicklungshilfe für Ruanda teilweise ausgesetzt, wegen der UN-Vorwürfe, | |
| dass Ruanda die M23-Rebellen im Kongo unterstützt. Haben Sie den Eindruck, | |
| es geht tatsächlich nur um den Kongo, oder gibt es ein größeres Problem des | |
| Vertrauens zwischen Ruanda und seinen Gebern? | |
| Louise Mushikiwabo: Nein, es geht um Kongo, aber diese Entscheidungen sind | |
| bedauerlich, weil sie auf falschen Informationen beruhen und weil die Lage | |
| im Kongo trotzdem weiter eskaliert. Ruanda wird wieder einmal entweder für | |
| die Probleme des Kongo verantwortlich gemacht – oder aufgefordert, sie zu | |
| lösen. | |
| Trauen Sie der kongolesischen Regierung zu, eine Lösung für die Krise zu | |
| finden? | |
| Ganz ehrlich glaube ich nicht, dass Kongos Regierung allein eine Lösung | |
| finden kann. Die internationale Gemeinschaft muss sich der Ursache der | |
| Probleme zuwenden und sich nicht auf einen einzigen Aspekt konzentrieren. | |
| Der Kongo ist nicht allein für die Instabilität verantwortlich, eine Reihe | |
| anderer Staaten und auch die internationale Gemeinschaft haben dazu | |
| beigetragen. Das Problem ist, dass die internationale Gemeinschaft dem | |
| Kongo einen Freibrief gibt, seine Probleme nicht zu lösen. | |
| Kongos Regierung sagt, Ruanda habe zur Instabilität im Ostkongo | |
| beigetragen. | |
| Das ist eine sehr oberflächliche Betrachtungsweise. Im Ostkongo leben viele | |
| Kongolesen ruandischer Abstammung. Also wird daraus geschlossen, Ruanda sei | |
| für sie verantwortlich. Es ist ein ethnisch vergiftetes Denken. Die | |
| Kongolesen ruandischer Abstammung sind aber keine Ruander. Das muss | |
| Kinshasa akzeptieren. Was die aktuelle Krise angeht: Wir haben mit dem | |
| Kongo kein Problem. Ruandas Sicherheitsinteressen werden am besten | |
| wahrgenommen, wenn wir mit der Regierung in Kinshasa zusammenarbeiten, was | |
| wir seit 2009 tun. Wir haben keinen Grund, eine Kehrtwende zu machen und an | |
| unserer eigenen Grenze Instabilität zu schüren. | |
| Also wenn Kinshasa sagt: Wir reden nicht mit den M23-Rebellen, wir reden | |
| nur mit Ruanda – sind Sie dazu bereit? | |
| Wir reden doch schon mit Kinshasa. Seit Beginn der Krise tun wir nichts | |
| anderes! Aber Kinshasa redet nicht mit den richtigen Leuten, nämlich denen, | |
| die ihnen jetzt Probleme bereiten. Ich halte es nicht für hilfreich, wenn | |
| der Kongo seinen Problemen ausweicht. Irgendwann muss Kinshasa innehalten | |
| und überlegen, was es falsch macht. Es gab keinen Grund, Krieg zu führen, | |
| als die Meuterei im April begann. Damals bat uns Kinshasa um Rat, und wir | |
| sagten: Greift nicht zu den Waffen. Es ist eine Meuterei, eine | |
| Disziplinlosigkeit, die ist nicht hinnehmbar. Aber klärt das, fangt nicht | |
| an zu kämpfen. Es kam anders. | |
| Dieser Tage beraten in Goma die Verteidigungsminister der Region über eine | |
| „neutrale internationale Truppe“ im Ostkongo. Was sollte diese Truppe tun? | |
| Wäre Ruanda Teil davon? | |
| Zum einen soll die Truppe sicherstellen, dass die Kämpfe endgültig | |
| aufhören. Im Moment ruhen die Kämpfe zwischen M23 und Kongos Armee, dank | |
| der Bemühungen Ugandas. Jetzt wollen wir, dass die Feuerpause hält. | |
| Zweitens müssen politische und diplomatische Bemühungen weitergehen, denn | |
| die Truppe wird nicht ewig bleiben so wie die UN-Truppe. Wir haben nicht | |
| das Geld, dauerhaft eine Truppe im Kongo zu stationieren, die keine | |
| Stabilität bringt. | |
| Ruanda ist Teil dieser Diskussion, wir kennen die Probleme, die Akteure und | |
| das Terrain. Aber Ruanda hat absolut keine Absicht, im Kongo in die | |
| Schlacht zu ziehen. Wir begrüßen eine Überwachung der | |
| kongolesisch-ruandischen Grenze, weil das zeigen wird, dass aus Ruanda | |
| nichts zur Unterstützung irgendeiner Rebellion kommt. Das ist sehr wichtig. | |
| Aber wir haben nicht die geringste Absicht, eine bewaffnete Gruppe im Kongo | |
| zu bekämpfen. | |
| 17 Aug 2012 | |
| ## AUTOREN | |
| Dominic Johnson | |
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