# taz.de -- 93 Tag Kongo-Kriegsverbrecherprozess: „Ich, Ignace Murwanashyaka�… | |
> Die beiden angeklagten FDLR-Führer kümmerten sich von Deutschland aus | |
> intensiv um ihre Miliz. Per E-Mail besetzte Murwanashyaka auch | |
> militärische Posten. | |
Bild: Der Angklagte Milizenpräsident hat von Deutschland aus die Fäden seiner… | |
STUTTGART taz | Die letzten Verhandlungstage vor der Sommerpause im Prozess | |
gegen FDLR-Präsident Ignace Murwanashyaka und den 1. FDLR-Vizepräsidenten | |
Straton Musoni vor dem OLG Stuttgart widmen sich erneut der Frage der | |
Vorgesetztenverantwortlichkeit: welche Macht hatten die beiden Angeklagten | |
aus Deutschland heraus über ihre im Kongo tätige Miliz und wie übten sie | |
diese aus? Vor allem die Rolle Musonis gerät immer wieder ins Blickfeld, da | |
die bisher als Zeugen aufgetretenen ehemaligen FDLR-Kämpfer ihn nicht | |
kennen, anders als Murwanashyaka, den sie als Präsidenten verehren. | |
Nun wird am 30. Juli, dem 93. Verhandlungstag eine E-Mail der FDLR vom 23. | |
Dezember 2004 an EU-Kommissar Louis Michel verlesen. Darin werden schwere | |
Vorwürfe gegen die belgische Regierung erhoben, die ruandische Hutu | |
diskriminiere. Ruandas Präsident Paul Kagame wird mit Adolf Hitler | |
verglichen, denn er wolle sich Ostkongos Kivu-Provinzen ähnlich | |
einverleiben wie seinerzeit Hitler Böhmen und Mähren, und er werde dann | |
auch Territorien von Tansania und Uganda einfordern. Interessant daran ist | |
nicht der Inhalt, sondern der Umstand, dass diese Mail von Straton Musoni | |
für die FDLR unterzeichnet worden ist. | |
Eine weitere von Musoni unterzeichnete FDLR-Erklärung vom 28. September | |
2005 bezieht sich auf den gescheiterten Verhandlungsprozess von Rom, den | |
die italienische Kirchengemeinde Sant' Egidio im März 2005 initiiert hatte | |
und in deren Verlauf die FDLR zuerst versprochen hatte, den Kampf | |
einzustellen, und dann verlangte, mit ihren Waffen nach Ruanda zurückkehren | |
zu dürfen, was Ruandas Regierung ablehnte. Die FDLR, so heißt es hier, | |
fordere für eine Rückkehr nach Ruanda Garantien von der internationalen | |
Gemeinschaft „im Hinblick auf politische und ökonomische Aspekte sowie | |
Justiz und Versöhnung“. | |
## Karriere per Präsidenterlass | |
Musoni hat also durchaus politische Erklärungen abgegeben. Murwanashyaka | |
nahm derweil direkt militärische Nominierungen vor. So wird ein Asservat | |
vom 15. Juli 2007 verlesen: „Ich, Ignace Murwanashyaka, Präsident der FDLR, | |
beschließe, höhere Offiziere zu Brigadegenerälen zu befördern: Oberst Manzi | |
Léon, Oberst Lepique und Oberst Déogratias“. | |
Eine E-Mail Murwanashyakas an den in Paris lebenden FDLR-Exekutivsekretär | |
Callixte Mbarushimana aus dem Jahr 2008 zeigt auch, wie intensiv sich der | |
FDLR-Präsident um Imagepflege bemühte. Die Süd-Kivu-Sektion der FDLR | |
„Sosuki“ habe das Bild der Organisation getrübt; die Rede ist von | |
Ressourcenausplünderung und Verbrechen der FDLR-Abspaltung „Rasta“. „Es | |
sollen keine Vergewaltigungen von Frauen und Mädchen stattfinden“ fordert | |
Murwanashyaka, ebenso „ein Ende der Straflosigkeit für die Gewalt gegen | |
Zivilisten: Zu Vorwürfen in Bezug auf Missbrauch sollen Nachforschungen | |
angestellt und Berichte geschrieben werden“. Nötig sei außerdem „eine | |
ideologische Ausbildung für alle über die Ziele und Gründe der FDLR; sie | |
soll regelmäßig stattfinden, damit die Abacunguzi (FDLR-Kämpfer) nicht dem | |
verbrecherischen Alltag verfallen“. | |
Außerdem müsse die FDLR mit allen ruandischen Oppositionsgruppen | |
zusammenarbeiten. „Das Ziel der Befreiung des ruandischen Volkes muss in | |
Allianzen erreicht werden... Der Teil von Völkermördern bei der FDLR ist | |
nicht glaubwürdig bei Allianzpartnern, daher Vorschlag der Auflösung und | |
Bildung einer neuen Organisation. Die Verteufelung der FDLR muss aufhören, | |
um die Kooperation mit diversen Gruppen zu erreichen.“ | |
Redaktion: Dominic Johnson | |
10 Sep 2012 | |
## AUTOREN | |
Bianca Schmolze | |
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