# taz.de -- 95. Tag Kongo-Kriegsverbrecherprozess: Kein Zeugenschutz | |
> Ein großes Problem des Kriegsverbrecherprozesses ist der Schutz | |
> potentieller Zeugen. Sie leben in ständiger Gefahr, Ziel von Racheakten | |
> der FDLR zu werden. | |
Bild: Im Stuttgarter Gerichtssaal ein Buchtitel, für die Zeugen alltägliche R… | |
STUTTGART taz | Wenn der Kriegsverbrecherprozess gegen FDLR-Präsident | |
Ignace Murwanashyaka und seinen Vize Straton Musoni vor dem OLG Stuttgart | |
vollendet werden soll, müssen irgendwann Opferzeugen auftreten, die über | |
die der FDLR vorgeworfenen Verbrechen im Kongo aussagen. | |
Ob es aber überhaupt möglich ist, kongolesische Opfer der FDLR in Stuttgart | |
aussagen zu lassen? Am 6. August, dem 95. Verhandlungstag, steht dies im | |
Mittelpunkt der Vernehmung eines für diese Fragen zuständigen Beamten des | |
Bundeskriminalamts. | |
Der BKA-Beamte, das wird gleich zu Anfang deutlich, rät davon ab, die | |
Zeugen nach Deutschland zu bringen. „Viele Zeugen haben keine Papiere; eine | |
Beschaffung von Papieren ins Ausland würde auffallen“, bestätigt er. | |
Möglich, sagt er, wäre eine „audiovisuelle Vernehmung“, also per Videolin… | |
Dazu seien die Zeugen auch bereit. | |
Probleme hätten sie allerdings damit, wenn ihre Vernehmung – auch per Video | |
– öffentlich wäre. „Sie haben große Angst um ihre Familien und ihr Dorf�… | |
so der BKA-Beamte. | |
„Wenn die Information rauskommt, dass Zeugen mit deutschen Behörden | |
zusammenarbeiten – im günstigsten Fall wird nur der Zeuge ermordet, im | |
schlimmsten Fall wird das ganze Dorf angegriffen“, führt er aus. Von wem, | |
will die Verteidigung wissen. „Naja“, sagt der Beamte, „das Verfahren geht | |
um die FDLR. Wenn die FDLR Informationen über Zeugen hätte, wäre der Zeuge | |
nicht von uns zu schützen.“ | |
Aus seiner Sicht sind die Zeugen – die Anklage hat zehn kongolesische | |
Opferzeugen, die im Anklagesatz lediglich mit Nummern identifiziert werden | |
– aktuell in großer Gefahr. „Die Gefährdungslage ist heute gefährlich und | |
schwerer“, sagt er. „Es gibt intensive Kämpfe und große | |
Flüchtlingsbewegungen. Für die Zeugen ist es nicht einfach, in Sicherheit | |
zu leben. Es wechselt dauernd, wer wann wo die Kontrolle hat“. Daher kann | |
er auch nicht sagen, ob die Zeugen jetzt aktuell gefährdet sind oder nicht, | |
man kann es aber auch nicht ausschließen. | |
Er selbst steht in regelmäßigem Kontakt mit den Organisationen im Kongo, | |
die Kontakt zu den Opferzeugen halten. Daraus ergeben sich auch regelmäßige | |
Informationen über deren Lage und die Sicherheitslage insgesamt. Zusätzlich | |
nennt der Beamte als Quellen zur aktuellen Lage Berichte der UN-Mission im | |
Kongo (Monusco), auch mündlich, sowie die Berichterstattung der taz. | |
Die Verteidigung will wissen, ob der BKA-Beamte auch in den letzten Wochen | |
Kontakt in den Kongo hatte. Er bestätigt und fügt an: „Die Lage hat sich | |
doch nicht verändert in den letzten Wochen. Die FDLR hat noch mehr | |
Möglichkeiten. Es ist jetzt eine total verworrene Situation.“ | |
12 Sep 2012 | |
## AUTOREN | |
B. Schmolze | |
D. Johnson | |
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