# taz.de -- Kommentar Bundeswehr im Inneren: Auf dem Weg zum militarisierten Al… | |
> Das Verfassungsgericht hat entschieden, dass die Bundeswehr bei | |
> Unglücksfällen im Inland ihr ganzes militärisches Arsenal einsetzen darf. | |
> Ist das Grundgesetz in Gefahr? | |
Die Bundeswehr darf zur Abwehr von katastrophalen Unglücksfällen [1][im | |
Inland auch Kampfjets und Panzer einsetzen]. Dies beschloss jetzt der Große | |
Senat des Bundesverfassungsgerichts. Damit wird die Möglichkeit von | |
Bundeswehreinsätzen im Innern erneut erweitert. | |
Als 1968 die Notstandsgesetze verabschiedet wurden, gab es einen hart | |
umkämpften Kompromiss. Bei Naturkatastrophen, Unglücksfällen und bei | |
bewaffneten Aufständen sollte die Bundeswehr im Innern eingesetzt werden | |
dürfen – alles andere sollte verboten bleiben. Ausgerechnet das | |
Bundesverfassungsgericht weicht diese Grenze nun immer wieder auf. So | |
entschied Karlsruhe 2006, dass auch ein drohender Terrorangriff ein | |
„Unglücksfall“ sein kann. Dabei hatte man 1968 eher an brechende Deiche | |
gedacht. | |
Als Zugeständnis entschied das Gericht damals, dass die Bundeswehr dann | |
aber nur normale polizeiliche Mittel einsetzen kann, also keine Bomber und | |
anderes militärisches Gerät. | |
Ganze sechs Jahre hat es gedauert, bis die Vollversammlung der | |
Bundesverfassungsrichter dieses Zugeständnis von 2006 wieder abgeräumt hat. | |
Nun darf die Bundeswehr bei Unglücksfällen also auch ihr gesamtes | |
militärisches Arsenal einsetzen. Zum Ausgleich gab es neue Zugeständnisse, | |
etwa ein Verbot des Einsatzes gegen Demonstranten. Werden diese | |
Konzessionen länger als sechs Jahre Bestand haben? | |
Die Eigenmächtigkeit des Bundesverfassungsgerichts, das sich wieder einmal | |
mehr als „Herr der Verfassung“, denn als „Hüter der Verfassung“ versta… | |
hat, ist umso ärgerlicher, weil es schon seit Jahren heftige | |
parlamentarische Diskussionen über eine Grundgesetzänderung gibt. Bisher | |
kam die erforderliche Zweidrittelmehrheit nicht zustande. Nun ist die | |
Grundgesetzänderung in mehreren Punkten nicht mehr relevant, weil Karlsruhe | |
einfach selbst die Verfassung neu interpretierte. | |
Immerhin: Der Wunsch der CDU/CSU, Soldaten generell als Hilfspolizisten für | |
Aufgaben aller Art einzusetzen, ist auch nach der jüngsten Karlsruher Volte | |
nicht vom Grundgesetz gedeckt. Darüber kann im Parlament also noch | |
gestritten werden. Und eine Mehrheit sollte es für eine solche | |
Militarisierung des bundesdeutschen Alltags auch künftig auf keinen Fall | |
geben. | |
17 Aug 2012 | |
## LINKS | |
[1] /Entscheidung-in-Karlsruhe/!99828/ | |
## AUTOREN | |
Christian Rath | |
Christian Rath | |
## TAGS | |
Ferdinand von Schirach | |
Bundeswehr | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
ARD-Film „Terror – Ihr Urteil“: Und was sagen Sie? | |
Ein Soldat hat ein von Terroristen entführtes Flugzeug abgeschossen, nun | |
steht er vor Gericht. Das Urteil fällt das Publikum vor den Fernsehern. | |
Bundeswehreinsätze im Inland: Mission ohne Gesetz | |
Die Union versucht, die SPD bei Anti-Terror-Einsätzen der Bundeswehr | |
auszubooten. Ihrer Ansicht nach darf die Armee im Inland aufmarschieren. | |
Gefechtsübungszentrum bei Magdeburg: Schnöggersburg unter Beschuss | |
Die Bundeswehr baut die „Kampfstadt“ Schnöggersburg, um den Häuserkampf zu | |
trainieren. Die Linkspartei glaubt, dort werde der „Einsatz im Inland“ | |
geübt. | |
Bundeswehreinsätze im Inland: Für jede Partei was dabei | |
Das Urteil des Verfassungsgerichts zu Militäreinsätzen im Inland ist | |
weniger eindeutig als gedacht. Von den fünf Parteien im Bundestag hat jede | |
eine eigene Interpretation. | |
Entscheidung in Karlsruhe: Militärischer Einsatz im Inland erlaubt | |
Die Bundeswehr darf auch bei Einsätzen im Inland in Ausnahmefällen | |
militärische Mittel einsetzen. Dies entschied jetzt das | |
Bundesverfassungsgericht. |